Ein Rewe-Markt mit Apotheke und Bäckerei ist im riesigen Baugebiet in Oberstenfeld geplant. Was sagt der Investor des Gebiets, Wolfgang Matt, zu den Zeitplänen und möglicher Konkurrenz?
Die Gemeinde Oberstenfeld sagt Ja zu einem Einkaufszentrum im neuen Baugebiet Bottwarwiesen auf dem ehemaligen Werzalit-Werksgelände. Warum der Rewe-Markt jetzt schon vor dem Neubaugebiet in Betrieb geht und ob Konkurrenz für den Einzelhandel in der Ortsmitte entsteht – darüber haben wir uns mit Wolfgang Matt, Geschäftsführer der Levkas GmbH unterhalten. Die Volksbank-Backnang-Tochter ist Eigentümerin des Geländes, auf dem sich rund 1300 Menschen in der 8100-Einwohner-Kommune neu ansiedeln sollen.
Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Entwicklung des Neubaugebiets Bottwarwiesen?
Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde läuft konstruktiv – damit bin ich sehr zufrieden. Die Zeitschiene stimmt mich nicht ganz so glücklich. Wir sind seit fast drei Jahren mit dem Bebauungsplan beschäftigt. Ich hatte gehofft, wir wären weiter. Es gibt aber viele Sonderfaktoren, für die keiner etwas kann. Da muss man einfach durch.
Können Sie ein Beispiel nennen? Es wird doch Bürokratieabbau gefordert.
Für das Gelände Bottwarwiesen gilt gerade die Hochwasserschutz-Norm HQ 100. Das würde sich ändern, wenn die beiden Rückhaltebecken im Prevorster Tal und im Kurzacher Tal gebaut wären. Wir werden sehen, ob das bis 2028 gelingt. Wenn sich dort alles verschiebt, verschiebt sich auch bei uns alles. Auf jeden Fall hat es am Ende Auswirkungen auf die Kaufpreise, wenn bei der Erschließung noch HQ 100 gilt und für Retentionsmaßnahmen mehr Geld in die Hand genommen werden muss. Auf den Ausbau der Rückhaltebecken zu warten, ist aus Zeitgründen für uns aber keine Option.
Vor Kurzem hat die Gemeinde Oberstenfeld ihre Einwilligung zum Einkaufsmarkt mit Apotheke und Bäckerei gegeben. Der SPD-Rat Erich Scheer stimmte dagegen, weil er den Start des Einkaufsmarktes für zu früh hält und die Geschäfte in der Ortsmitte schützen will. Was sagen Sie dazu?
Der Ortskern ist belebt und das soll so bleiben. Ich sehe kein Gegeneinander zwischen diesem attraktiven Ortskern und den Bottwarwiesen. Sie sind ganz einfach eine Erweiterung des Ortskerns, und man sollte die Gemeinde als Ganzes betrachten. Jemand, der sein Auto in der Parkgarage am Einkaufsmarkt in den Bottwarwiesen abstellt, kann zu Fuß in den Ort laufen, um dort noch Erledigungen wie in der Ortsbücherei oder Einkäufe zu tätigen. Man findet im Ortskern auch nicht immer einen Parkplatz: Gerade die Parkplätze bei der Post sind oft gut gefüllt. Vom neuen Einkaufsmarkt ginge man dann nur einmal mehr über die Straße.
Aus der Oberstenfelder Verwaltung heißt es: Die Region Stuttgart habe einen Bedarf für Einkaufsmärkte signalisiert. Das bedeutet, dass es in Oberstenfeld schon jetzt zu wenig Einkaufsmöglichkeiten gebe. Sehen Sie das auch so?
Ja, die Gutachten zum Einkaufsmarkt in den Bottwarwiesen besagen, dass mehr als 70 Prozent des Einkaufsvolumens in dem Markt aus der Gemeinde selbst komme. Das zeigt umgekehrt, dass zurzeit viel Umsatz in andere Kommunen auspendelt. Es tut der Gemeinde gut, wenn es den neuen Einkaufsmarkt gibt, zumal irgendwann die neuen Bürgerinnen und Bürger hinzukommen werden. Schon jetzt ziehen in Dürren IV neue Bürger ein. Die Nachfrage im Raum Stuttgart nach Wohnraum ist da – die Mietpreise steigen.
Im Einkaufszentrum entstehen auch viele Parkplätze. Wie viele sind das – kann der Ort die Autofahrten verkraften?
Das Verkehrsgutachten belegt, dass man nur die beiden Abbiegespuren an der Landesstraße verlängern müsste und es sonst nicht viel ausmacht, wenn die 97 Parkplätze im Erdgeschoss der Parkgarage beziehungsweise insgesamt 170 Stellplätze im Mobility Hub dazukommen, was gerade für ein Altenheim oder eine Kita in der Nähe noch einmal im Sinne eines Quartiersparkhauses wichtig wäre. Wenn das Baugebiet später komplett besiedelt ist, sollten weitere Verkehrsführungen realisiert werden: Dann müssten laut Gutachten die Abbiegespuren an der Gronauer und der Lichtenberger Straße verlängert werden. Es soll auch an der Ecke Kreuzstraße/Lichtenberger Straße ein Kreisverkehr entstehen – mit einer Einfahrt zum Neubaugebiet.
Derzeit ist die Baukonjunktur eher schwach. Könnte man daraus schließen, dass Sie es mit der Entwicklung des Baugebiets nicht eilig haben?
Wir treiben es voran, weil wir einen Bebauungsplan haben wollen. Bebaut wird es voraussichtlich in vier Abschnitten. Wir können dann die Größe der Abschnitte der Konjunktur anpassen. Auch muss die Gemeinde mit ihren Einrichtungen Zeit haben mitzuwachsen. Wir brauchen ja Plätze in den Kindergärten und der Grundschule. Wir rechnen damit, dass die Besiedlung mindestens zehn Jahre dauert, eher mehr.
Wer ist Wolfgang Matt?
Zur Person
Wolfgang Matt ist 57 Jahre alt und seit 2018 Vorstandsmitglied der Volksbank Backnang- Er fungiert auch als Geschäftsführer der 100-prozentigen Tochter Levkas GmbH. Matt ist in Stuttgart geboren, hat in Beilstein Abitur gemacht und studierte Jura in Tübingen und Mailand bis zur Promotion. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und wohnt in Oberstenfeld.