Die Anschubmillionen für Friedrichshafen sind erfreulich. Aber sie müssen auch wieder verdient werden – während an anderen deutschen ZF-Standorten der Unmut wachsen dürfte, meint Rüdiger Bäßler.
Ulm - Zentralist zu sein, war innerhalb des ZF-Konzerns schon immer von Vorteil. Die Standortvereinbarung von 2016 – wonach die Beschäftigten zwar Einbußen beim Lohnzuwachs hinnehmen mussten, ihr Werk im Gegenzug aber umfangreiche Investitionszusagen und Stellengarantien bis 2022 erhielt – ist ja nicht die erste, die sich innerhalb der Konzernstandorte positiv abhebt.
Die Großzügigkeit des Eigentümers, repräsentiert durch den Friedrichshafener Oberbürgermeister Andreas Brand, diente diesmal auch ihm selber. Durch das schleichende Zerwürfnis mit dem Vorstandschef Stefan Sommer und der lang angebahnten Entscheidung, erheblich mehr Dividende aus dem Konzern zu ziehen, hatte Brand in nie gekannter Weise den Unmut sowohl unter den Arbeitern am Band als auch bei den Ingenieuren in den Laboren heraufbeschworen. Mit den 600 Millionen Euro zugunsten des Werksausbaus am Bodensees erkaufte sich die Konzernführung auch die gute Stimmung der Belegschaft zurück.
Vuorwurf: Der Oberbürgermeister poliert seinen lokalpolitischen Ruf
Der Preis dafür dürfte neuer Missmut sein, der sich an anderen deutschen ZF-Standorten bildet. Die Entwicklung etwa eines nicht elektrifizierten neuen Achtgang-Automatikgetriebes für Transporter und kleine Lastwagen hätten auch andere Werke stemmen können. Der Oberbürgermeister saniert den ZF-Stammsitz und poliert zugleich seinen lokalpolitischen Ruf – solche Vorwürfe dürften wieder die Runde machen. Die Friedrichshafener mögen sich jetzt freuen, aber auch sie müssen ein Interesse daran haben, dass das gesamte Konzerngebilde in der Balance bleibt.
Aus den großzügig gewährten frischen Millionen für die Entwicklung müssen erst noch weitere global erfolgreiche Produkte für den Nutzfahrzeugmarkt von morgen gemacht werden. Wenn das misslingt, kann die Stimmung auch rasch wieder kippen.