Beim Sommerferienprogramm des Jugendhauses Sillenbuch wird gebastelt. Gerade die Ferienangebote der Jugendhäuser werden immer mehr genutzt, sagt Sieghard Kelle. Foto: Judith Sägesser

Ihre Nachmittage verbringen Kinder und Jugendliche immer häufiger an einer Ganztagsschule. Die Jugendhäuser in Stuttgart müssen auf diese Entwicklung reagieren. Wie, erzählen Verantwortliche in einem Interview.

Filder - Kinder und Jugendliche verbringen heutzutage immer mehr Zeit in der Schule. Trotzdem ist die Jugendhausgesellschaft mit den Besucherzahlen zufrieden. Sie bietet etwas, das die anderen nicht haben. „Überall sind Kinder gefordert, bei uns dürfen sie“, sagt Sieghard Kelle, der Geschäftsführer.
Wie viele Kinderhäuser gibt es in Zukunft noch in Stuttgart, wenn die Kinder viel Zeit in der Ganztagsschule verbringen?
Kelle: Wie viele es genau sind, kann ich nicht sagen, aber ich bin mir sicher, es wird noch einige geben. Wenn wir heute über das Thema Ganztagsschule reden, reden wir über die teilgebundene Ganztagsschule. Das heißt, ein Teil der Kinder wird am Mittag zu einer bestimmten Zeit nach Hause gehen. Wenn wir unsere Daten anschauen, können wir derzeit sagen, die Zahl der Besucher in unseren Häusern geht nicht zurück, aber es hat eine zeitliche Verlagerung stattgefunden.
Was heißt das konkret?
Kelle: Die Kinder kommen etwas später in die Einrichtungen, und teilweise verlagert sich der Bedarf auf andere Tage, sprich auf Freitagnachmittag, aufs Wochenende oder die Ferien. Wir reagieren darauf. Ein Beispiel ist das Kinder- und Jugendhaus Nord. Dort hatte früher der offene Kinderbereich bis 18 Uhr geöffnet, jetzt geht er bis 19 Uhr.
Bis 2018 soll es flächendeckend Ganztagsschulen geben. Fehlt nicht spätestens dann der Nachwuchs?
Kelle: Wenn alle Kinder bis 16 oder 17 Uhr in der Ganztagsschule sind, dann ja. Aber auch in der Ganztagsschule bleibt man nicht bis zur letzten Minute.
Wie geht die Jugendhausgesellschaft mit diesen Veränderungen um?
Meier: Sich neu erfinden, ist in der Kinder- und Jugendarbeit nichts Neues. Wir sind flexibles Arbeiten gewohnt. Wir haben nun Kinderbereiche mit anderen Öffnungszeiten. Das sind Stellschrauben, die wir sehr schnell justieren können. Es wird schließlich kein Mitarbeiter Spaß daran haben, um 14 Uhr im Kinderhaus zu stehen, wenn die ersten Kinder erst um 15 Uhr kommen.
Kelle: Wenn ich da kurz einhaken darf: Früher gab es viel mehr Kinder, die einfach kamen, geschaut haben und dann wieder gegangen sind. In der Zwischenzeit erleben wir, dass Angebote viel stärker in Anspruch genommen werden. Das schlägt sich auf unsere Statistik nieder. Wir zählen alle zwei Jahre die Besucherzahlen. Es ist kontinuierlich mehr geworden, und die Verweildauer ist gestiegen.
Gibt es Häuser, die sich sorgen müssen?
Kelle: Unser Ziel ist es, die Einrichtungen zu erhalten. Ob es uns gelingt, wird die Zukunft zeigen. Wir sind zu starken Veränderungen bereit. Wenn eine Einrichtung ihr Publikum nicht mehr findet, müssen wir damit umgehen. Das oberste Ziel bleibt: Wir sind dort, wo Jugendliche sind und unser Angebot annehmen und brauchen.
Welche Rahmenbedingungen wünschen Sie sich denn in Sachen Ganztagsschule?
Kelle: Wir haben gute Erfahrungen gemacht, wenn Schule und Kindereinrichtung sich Zeit nehmen, gegenseitiges Verständnis zu entwickeln. Wir wünschen uns auch, dass die Stadt weiter die finanziellen Mittel in dieser Höhe zur Verfügung stellt.
Hat die Jugendhausgesellschaft eine Zukunftsvision für sich selbst?
Meier: Es ist schwer, von einer Vision zu sprechen. Mir wäre wichtig, dass die Kinder- und Jugendhäuser weiter ein bedeutender Bestandteil der außerschulischen Bildung sind. Im offenen Kinderbereich müssen wir die Profile weiter schärfen.
Kelle: Ich wünsche mir, dass alles genau so flexibel bleibt, wie es ist. Sehen Sie, wir sind in der Nachkriegszeit gestartet. Das Thema lautete damals Mangel, dann gab es ein bisschen Revolte, danach kamen die Punks und plötzlich das Thema Bildung. Alle diese Bewegungen, vom Aschenbecherdrechseln, im Partykeller feiern, eine aufmüpfige Generation zu werden, haben wir begleitet. Es ist daher von besonderer Bedeutung, dass wir uns diese Flexibilität bewahren. Das ist auch sehr wichtig für das Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen.