Der Calwer Landrat Helmut Riegger will das Defizit des Klinikverbunds senken. Foto: factum/Bach

Helmut Riegger, der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikverbunds, muss sich eine neue Geschäftsführung suchen. Und er will das gewaltige Defizit in den Griff bekommen

Calw/Böblingen – - Kaum hat der Calwer Landrat Helmut Riegger zum 1. Januar den Vorsitz im Aufsichtsrat des Klinikverbunds Südwest übernommen, muss er die bewährte Geschäftsführerin Elke Frank verabschieden. Den Abgang wollen er und sein Böblinger Amtskollege Roland Bernhard, mit dem sich Helmut Riegger im Vorsitz abwechselt, nutzen, um die Geschäftsführung umzubauen. Im Interview erklärt der 53-Jährige die Gründe dafür.
Herr Riegger, hat Sie die Nachricht vom plötzlichen Weggang der Geschäftsführerin Elke Frank geschockt?
Nein. Sie hat ihren Job in einer sehr wichtigen Phase des Klinikverbunds sehr gut gemacht. Aber nun hat sie ein anderes Angebot, das sie annehmen möchte. Das ist für mich gut nachzuvollziehen.
Sind Sie vielleicht erleichtert, dass sie geht? Es gibt Gerüchte über Unstimmigkeiten zwischen Ihnen und Frau Frank?
Über Gerüchte möchte ich nicht sprechen. Frau Frank und ich hatten unterschiedliche Ansichten über manche Themen. Aber ich bin ein Freund der offenen Worte und spreche das dann unter vier Augen an. Wir hatten keine persönlichen Differenzen. Das wird Ihnen Frau Doktor Frank bestätigen können.
Nun planen Sie, die Geschäftsführung zu vergrößern. Von zwei bis drei Leuten ist die Rede. Was soll das bringen?
Wenn Sie allein die Größe des Verbunds sehen, sechs Krankenhäuser in zwei Kreisen, 4300 Mitarbeiter. Zudem kommen auf den Verbund weitere wichtige Aufgaben zu: die Umsetzung des Medizinkonzepts, in den nächsten zehn Jahren Investitionen und Sanierungen in Höhe von knapp 600 Millionen Euro. Wenn dieses Aufgabenspektrum bei einer Person gebündelt ist, halte ich das in der jetzigen Situation für nicht professionell. Deshalb sollten wir die Führungsebene breiter aufstellen, um vor allem unser Defizit in den Griff zu bekommen.
Zunächst aber wird die neue Struktur das Defizit steigern: Drei Geschäftsführer kosten mehr als einer.
Ich denke, dieses Geld ist gut angelegt, wenn wir es in eine Geschäftsführung investieren, die dann noch genauer auf die Zahlen schauen kann. Wir brauchen jemanden, der unser gewaltiges Defizit dauerhaft senkt. Im vergangenen Jahr betrug dieses wieder 20 Millionen Euro.
Zwischendurch konnte der Verbund das Defizit deutlich senken, nun steigt es wieder. Woran liegt das?
In bestimmten Bereichen sind die Kosten enorm gestiegen, zum Beispiel beim Materialverbrauch. Das müssen wir uns genau anschauen. Dann hatten wir deutliche Tarifsteigerungen. Jetzt kommt auch noch das neue Krankenhausstrukturgesetz, das wird uns zusätzlich zwei bis drei Millionen Euro im Jahr Defizit bescheren. Also müssen wir unsere Strukturen anpassen. Woanders gelingt das ja auch, zum Beispiel in Konstanz.
Aber nicht nur bei den Betriebsausgaben, auch bei den Investitionen sind die Kreise Böblingen und Calw großzügig. 600 Millionen Euro für Neubauten und Sanierungen. Übernehmen sich die Kreise ?
Das Thema Krankenhaus wird in einigen Jahren einen ganz anderen Stellenwert haben als heute. Die Menschen werden älter, aber es gibt immer weniger niedergelassene Ärzte. Das Krankenhaus wird künftig zum Teil deren Funktionen übernehmen. Deshalb müssen wir diese Investitionen stemmen, um die Kliniken darauf vorzubereiten.
Wie ist die Zusammenarbeit innerhalb des Verbunds?
Mit meinem Böblinger Kollegen Roland Bernhard arbeite ich hervorragend zusammen. Und das Medizinkonzept greift schon an vielen Stellen. Nehmen Sie die gemeinsame Gynäkologie Böblingen-Leonberg oder die Nagolder Kardiologie, die auch für Herrenberg zuständig ist. Das funktioniert auch landkreisübergreifend. Aber wir müssen diese Zusammenarbeit weiter vorantreiben.
Auf oberster Ebene ist die Struktur aber noch immer kompliziert. Es gibt drei Aufsichtsräte: für Calw, Böblingen und die gemeinsame Holding. Wann werden Sie das ändern?
Ich denke, wir sollten das so beibehalten. Denn vor Ort sind wir näher dran und geben ja auch das Geld jeweils vom Kreis an die Kliniken.