Der OB Vöhringer will Sindelfingen als attraktive Stadt erhalten. Foto: factum/Simon Granville

Nach jahrelangem Sparkurs und Sanierungsstau setzt der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer nun auf Entwicklung. Rund 140 Millionen Euro will Sindelfingen dafür ausgeben.

Sindelfingen - Rund 140 Millionen Euro will Sindelfingen in den kommenden Jahren für Sanierungen und Neubauten ausgeben. Kann das gut gehen? Darüber haben wir mit dem Oberbürgermeister Bernd Vöhringer (CDU) gesprochen.

Herr Vöhringer, Sie investieren 140 Millionen Euro in Großprojekte. Kann die Stadt sich das überhaupt leisten?

Das ist in der Tat viel Geld. Aber wir investieren das ja nicht in einem Jahr, sondern über einen Zeitraum von vielen Jahren.

In der Vergangenheit, als das Geld in Strömen floss,hat sich die Stadt eine Infrastruktur geleistet, die einer Großstadt gebührt. Als dann die Gewerbesteuer einbrach, ächzte sie unter den Kosten für deren Betrieb. Laufen Sie nicht Gefahr, die gleichen Fehler wieder zu machen?

Schauen Sie sich unsere Projekte an: Wir machen nicht wirklich etwas Neues, sondern wir müssen unsere Infrastruktur, die in den goldenen Jahren geschaffen wurde, erhalten. Umfangreiche Sanierungen in der Stadt stehen an: Tiefgarage und Badezentrum sind in die Jahre gekommen. Und Radwege gibt es, aber die reichen nicht mehr aus.

Aber Sie machen mehr als nur sanieren, zum Beispiel beim Badezentrum.

Wir sagen uns, wenn wir schon sanieren, dann wollen wir natürlich auch weiterentwickeln. Deshalb bauen wir am Hallenbad an, um ein attraktives Familienbad zu schaffen. Wir haben übrigens auch enorm viel Geld in den Ausbau der Kinderbetreuung gesteckt: 18,5 Millionen Euro in den vergangenen sechs Jahren.

Nun drohen aber wieder wirtschaftlich schwierigere Zeiten, vor allem in der Automobilbranche. Daimler ist Ihr Hauptgewerbesteuerzahler. Was machen Sie, wenn dessen Zahlungen drastisch zurückgehen?

Wir sind in Sindelfingen geübt mit solchen Situationen. Wenn es wieder einmal knapp werden sollte, dann werden wir die Ausgaben drastisch reduzieren.

Und wenn Sie mitten in einem Großprojekt sind? Stoppen Sie dann von jetzt auf nachher die Sanierung der Tiefgarage?

Nein, wir werden natürlich kein laufendes Projekt stoppen. Dann müssen wir vielleicht gegen unsere Überzeugung doch einmal Schulden machen. Bisher sind wir im Kernhaushalt schuldenfrei. Und das soll auch so bleiben. Aber nicht um jeden Preis.

Vor zehn Jahren war die Haushaltskonsolidierung, also die Reduzierung der Ausgaben, ein großes Thema.

Das ist es noch immer. Wir haben damals ein strukturelles Defizit von 10 bis 15 Millionen Euro pro Jahr festgestellt – also so viel Geld geben wir mehr aus, als wir eigentlich haben. Das ist nun – nach dem rasanten Ausbau unserer Kitas – gestiegen. Deshalb wollen wir uns unsere Ausgaben noch einmal genau anschauen. In einem ersten Schritt hat uns daher der Gemeinderat beauftragt, mit einem externen Berater unser aktuelles strukturelles Defizit zu berechnen. Auf dieser Basis werden wir dann in einen weiteren Konsolidierungsprozess einsteigen.

Noch mal zurück zu den Großprojekten. Die müssen Sie ja nicht nur finanzieren, sondern auch personell stemmen.

Ganz klar ist: Dafür brauchen wir zusätzliches Personal. Allein für die Sanierung der Tiefgarage sind acht zusätzliche Mitarbeiter vorgesehen. Denn da geht es nicht nur um Ingenieurleistungen, sondern auch ums Baustellenmarketing. Das können unsere Leute nicht nebenbei stemmen. Dafür brauchen wir Mitarbeiter, die sich ganz darauf konzentrieren.

Deshalb die Idee eines vierten Bürgermeisterpostens?

Diese Idee stammt aus dem Gemeinderat. Wir denken darüber nach. Aber für uns kann es keinen Bürgermeister nur für Großprojekte geben. Das ist immer eine Querschnittsaufgabe. Wichtiger sind für uns Projektleiter für jedes Großprojekt.