Szene aus „Stabat Mater: The Vivaldi Project“ mit Vincenzo Capezzuto Foto: Giuseppe Porisini

Singen und tanzen gleichzeitig – geht das? Ja, sagt der Altus und Tänzer Vincenzo Capezzuto. Und beweist auf Einladung der Schlossfestspiele, dass ein Musikstück Gefühle auf vielen Ebenen erlebbar macht.

Ludwigsburg -

Herr Capezzuto, unter Tänzern finden sich häufig Doppelbegabungen. Wie kommt das?
Vielleicht hat das damit zu tun, dass unsere Bühnenkarriere so kurz ist und wir offen sein müssen für Alternativen. Ich wählte zwar eine klassische Ausbildung als Tänzer, aber ich wusste früh, dass ich eine besondere Stimme habe und diese später weiter entwickeln könnte. Ich kenne andere Tänzer, die Musiker wurden.
Wie wurde Ihr Gesangstalent entdeckt?
Während meiner Ausbildung am Teatro San Carlo in Neapel kam ich mit vielen Künstlern zusammen. Weil ich immer vor mich hingesungen habe, in den Fluren und während der Probenpausen, sprachen mich viele auf meine Stimme an - auch eine Komponistin, die mit mir zusammenarbeiten wollte. So bin ich immer mehr da reingerutscht und habe mir dann vor acht Jahren das Singen professionell erschlossen. Heute, da ich 37 Jahre alt bin, ist es meine Hauptbeschäftigung.
Wie geht es, dass der Tänzer Capezzuto auf der Bühne dem Sänger Capezzuto nicht den Atem raubt?
Das ist eine Frage der Vorbereitung. „Stabat Mater“ zum Beispiel ist ganz auf mich zugeschnitten. Claudio Borgianni, der künstlerische Leiter, und der Choreograf Mauro Bigonzetti haben dieses Stück so angelegt, dass es mir erlaubt, für das Singen Atem zu schöpfen - obwohl es physisch anspruchsvolle Stellen hat. Doch tanzen, singen und spielen sind gut ausbalanciert; und es gibt sehr theatrale Momente für meine Stimme.
Vivaldis „Stabat Mater“ erklingt bei Ihrer Aufführung unter anderem mit Saxofon und Melodika. Ist das Theme, die Schmerzen Marias, nicht zu ernst, um es so populär zu vertonen?
Das ist die Herangehensweise unseres Musikprojekts Soqquadro italiano. Wir spielen Barockmusik auf modernen Instrumenten, weil wir uns mit dem identifizieren wollen, was wir tun. Auch wollen wir das Publikum immer wieder überraschen und ihm Momente bieten, in denen es sich und das Gefühl für Zeit und Raum verlieren kann. In „Stabat Mater“ funktioniert das sehr gut. Im Fokus stehen die Gefühle eines Menschen, der großen Schmerz erleidet. Durch die verschiedenen Elemente, durch den Körper und seine Bewegung zum Beispiel, wird dieser Schmerz auf verschiedenen Ebenen spürbar. Auch der neue Blick auf die Musik löst eine große Bandbreite an Gefühlen aus. (ak)
Aufführung: An diesem Freitag, 24. Juni 2016, um 20 Uhr in der Reithalle der Karlskaserne, Ludwigsburg.