Leni Breymaier will Freiberufler und Selbstständige in die Rentenversicherung bringen. Foto: dpa

Die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier sieht wichtige Ziele mit den Rentenbeschlüssen der großen Koalition nicht erreicht. Mit der Union seien sie offenbar nicht umzusetzen. Also müssten die Sozialdemokraten ihre Vorstellungen in den Bundestagswahlkampf einbringen.

Stuttgart - Die Rentenbeschlüsse der großen Koalition finden ein sehr gemischtes Echo – auch aus der SPD. Deren baden-württembergische Landesvorsitzende fordert nun, die offen gebliebenen Punkte im Wahlkampf des nächsten Jahres zu thematisieren.

Frau Breymaier, die Koalition hat sich nur zu einer kleinen Lösung bei der Rente durchgerungen – sind Sie enttäuscht?
Das erste Mal seit Jahrzehnten haben wir in dieser Legislaturperiode keine Verschlechterungen bei der gesetzlichen Rente. Stattdessen wurden nach der Aufstockung der Mütterrente und der abschlagsfreien Rente nach 45 Versicherungsjahren mit spätestens 65 Jahren jetzt noch mit einer deutlichen Besserstellung bei der Erwerbsminderungsrente, den Betriebsrenten und der Angleichung der Ost-West-Renten tatsächliche Fortschritte erzielt.
So begeistert?
Es ist nicht alles erfüllt, was wir in dieser Koalition erreichen wollten. Die Solidarrente, mit der Geringverdiener nach langen Versicherungszeiten eine Rente über der Grundsicherung erhalten, ist nicht gelungen. Es kann nicht sein, dass diese Menschen unterhalb der Grundsicherung rausgehen. Meine große Unterstützung hat Andrea Nahles auch bei dem Ziel, die Selbstständigen und Freiberufler in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, weil die überhaupt kein Netz haben. Es wäre ein erster Schritt in Richtung Erwerbstätigenversicherung. Dies ist mit dieser Koalition offenbar nicht zu machen.
Nahles will das Rentenniveau bis 2045 bei mindestens 46 Prozent festschreiben – reicht diese Haltelinie nach unten aus?
Auch über das Rentenniveau wird man auch noch mal reden müssen. Nahles ist mit einem Paket in der Legislaturperiode reingegangen. Jetzt haben wir nur einen Teil davon erreicht und müssen darüber diskutieren, was im nächsten Regierungsprogramm der SPD stehen soll.
Was bedeutet dies für den Wahlkampf – viele Koalitionäre wollen die Rente da heraushalten?
Ich würde es zum Wahlkampfthema machen. Man muss den Wählern doch sagen, was man erreichen will. Es sollte auch noch mehr die jungen als die alten Menschen bewegen, denn die sind davon ganz konkret betroffen.
Wer soll all die Wünsche finanzieren?
Jede Zusage, die nicht mit Beiträgen hinterlegt ist, ist natürlich mit Steuergeldern zu finanzieren. Die Erwerbsminderungsrente etwa ist mit Beiträgen hinterlegt. Das ist alles gut finanzierbar. Wenn es uns gelingt, die Lohnquote zu steigern und mehr Geld insgesamt zu verbeitragen, haben wir kein Problem. Von den seit vielen Jahren verbreiteten Horrormeldungen steigender Beiträge ist bisher jedenfalls nichts eingetreten. Wenn dann noch etwas aus Steuern zu finanzieren ist wie die Mütterrente, muss man – sofern unbedingt die Schuldenbremse eingehalten werden soll – schauen, dass sich alle genügend beteiligen an der Finanzierung des Gemeinwesens. Dazu gehören auch die Superreichen.