Erste Liebe: Amandla Stenberg als Maddy und Nick Robinson als Olly in einer Szene des Films „Du neben mir“. Foto: dpa

Die Schauspielerin Amandla Stenberg über ihre erste Liebe, Sexualität und ihren neuen Film „Du neben mir“.

Los Angeles - Sie ist gerade achtzehn, wirkt aber wie eine Frau mit viel Lebenserfahrung. Kein Wunder. Seit ihrem vierten Lebensjahr steht sie vor der Kamera. In ihrem neuen Film „Du neben mir“ spielt sie eine Teenagerin, die wegen lebensbedrohlicher Allergien das Haus nicht verlassen darf und sich in den Nachbarsjungen verliebt.

„Du neben mir“ ist eine Geschichte über die erste große Liebe. Wie war das bei Ihnen?
Ich erinnere mich vor allem daran, wie groß und frisch sich alles anfühlte. Die Gefühle waren überwältigend. Gleichzeitig wird das Ganze von dieser Unschuld und kompromisslosem Optimismus gespeist. Die Vision einer Partnerschaft ist noch nicht von Enttäuschungen getrübt. Man erlebt eben alles zum ersten Mal und deswegen erinnert man sich auch später immer daran. Typisch ist auch, dass man für diese Liebe keine Grenzen akzeptiert. Für die erste Liebe räumst du sämtliche Hindernisse aus dem Weg, weil dir diese Grenzen in diesem Moment einfach völlig egal sind. Du willst einfach nur diese Liebe erleben.
Ist es im Zeitalter von „Youporn“ und einem Übermaß an Informationen aus dem Internet noch möglich, diese Unschuld zu erleben?
Unschuld hat für mich nichts mit einem Mangel an Informationen zu tun oder Dingen, die man nicht gesehen hat. Unschuld ist für mich eine Perspektive, mit der man das Leben betrachtet. Unschuld bedeutet, die Welt ohne Angst zu erleben und nicht alles in ein gesellschaftliches Wertesystem einzuordnen. Man hat noch sein eigenes Wertesystem. Und das ist unabhängig davon, wie viele Pornos man sich online angesehen hat.
Ihr Verehrer ist in diesem Film sehr kreativ, um Ihr Herz zu erobern. Was ist Ihnen eingefallen, um Ihre Liebe zu beeindrucken?
Ich habe meinem Freund eine kleine Ampulle mit meinem Blut geschenkt.
Wie hat er reagiert?
Er fand es großartig und unglaublich cool!
Sind Sie mit den Rollen zufrieden, die man Ihnen in Hollywood anbietet?
Ich hatte bisher Glück. Aber es ist wirklich schwierig, Drehbücher zu finden, in denen die Hauptrolle für eine junge schwarze Frau geschrieben wurde. Allein deswegen wollte ich die Rolle in „Du neben mir“. Außerdem sehen wir hier endlich ein farbig gemischtes Paar. Im Film ist es ganz selbstverständlich und kein Thema. Es sollten mehr Filme dieser Art gedreht werden.
Sie sind die Repräsentantin einer Jugendbewegung geworden, haben viele Follower auf Plattformen wie „Instagram“ und gehen damit erstaunlich verantwortungsvoll um.
Die meisten jungen Menschen kennen mich aus dem Internet und nicht wegen meiner Filme. Und ich glaube, ich werde deswegen besetzt, weil Produzenten erkannt haben, dass ich diese authentische Verbindung zu Menschen in meinem Alter habe. Davon will man profitieren. Ich versuche, direkt mit meinem Publikum zu kommunizieren. Junge Leute sind mit sozialen Medien aufgewachsen – und daher schlau genug, um zu merken, wenn ihnen jemand Mist verkaufen will. Es ist mir sehr wichtig, dass sie mir immer vertrauen können. Ich will niemandem etwas andrehen.
Ist das Kino für diese Generation überhaupt noch von Bedeutung?
Hollywood muss versuchen, mit dem Internet mitzuhalten. Jeder kann heute im Netz eine Plattform gründen. Mit dieser Plattform kann er so viele Menschen erreichen wie ein Film, in den man erst viel Geld für Werbung stecken muss. Hollywood realisiert gerade, was im Netz passiert. Vielfalt ist ein wichtiger Teil der Popkultur geworden, in der Minderheiten oder Menschen, die nicht zum Mainstream gehören, nicht mehr diskriminiert werden. Die Filmindustrie versucht gerade, ihre Inhalte in diese Richtung zu verändern. Und das finde ich fantastisch, besonders weil ich ein Teil dessen sein kann.
Sie sprechen sehr offen über Feminismus oder Gender-Themen. Wann sind diese Diskussionen wichtig für Sie geworden?
Es gab nie diesen Moment, in dem ich beschlossen habe, Aktivistin zu werden. Meinen Instagram-Account habe ich seit meinem elften Lebensjahr. Aber ich hatte immer meine eigene Sicht auf die Welt. Nicht jedes System, das wir erfunden haben, macht für uns Menschen Sinn, und oft sind sie der menschlichen Natur zuwider. Ich will zum Beispiel gegen Diskriminierung kämpfen. Und jetzt bin ich in einer Position, in der ich die Möglichkeiten dazu habe, denn ich kann eine Menge Menschen direkt ansprechen. Ich empfinde es sogar als meine Pflicht und Verantwortung.
Sie haben kürzlich gesagt, Sie seien „pansexuell“. Was verstehen Sie darunter?
Das bedeutet, dass mich das Geschlecht des Menschen, der mich anspricht, nicht interessiert. Wichtig ist, dass ich jemanden anziehend finde. Ich definiere meine Sexualität nicht in Geschlechtergrenzen. Ich mag das Wort „pansexuell“. Aber viele wissen nicht, was es bedeuten soll. Ich sage dann, ich bin bisexuell. Aber „pansexuell“ klingt einfach besser. . .
Ihr Vater ist Däne, wie eng ist Ihr Kontakt zum dänischen Teil Ihrer Familie?
Sehr eng. Ich bin mit meinem Vater oft in Kopenhagen. Ich finde es sehr interessant, Familie in Europa zu haben, weil ich von dort eine andere Perspektive auf die USA habe. Ich merke gerade, dass meine europäische Hälfte anders fühlt als die amerikanische. Leider spreche ich kein Dänisch. Das muss ich dringend lernen. Immerhin habe ich die dänische Staatsangehörigkeit.
Ist Schauspielen Ihre Berufung?
Ich weiß nicht, ob ich immer nur Schauspielerin bleiben will. Es macht mir großen Spaß. Aber da sind noch jede Menge andere Dinge, die mich interessieren. Ich habe einen Studienplatz an der „New York University“, an der Film-Fakultät. Ich hatte schon angefangen, musste dann aber wieder zwei Jahre aussetzen, weil mein Leben einfach zu verrückt wurde. Ich möchte auf jeden Fall Regie führen, meine eigenen Geschichten erzählen. Aber ich fotografiere auch gerne, ich mag Design, spiele verschiedene Instrumente und singe. Aber vor allem habe ich das Gefühl, es ist meine Aufgabe, Menschen miteinander zu verbinden, indem ich Projekte anschiebe.