Geliebt, gefeiert, verhasst: US-Regisseur Oliver Stone Foto:  

Regisseur Oliver Stone über Whistleblower, konspirative Theorien, persönliche Freiheit und die Wahl zwischen Trump und Clinton.

Herr Stone, Sie gelten in Ihrer Heimat vielen als zynischer Opportunist, als Nestbeschmutzer und als Fidel-Castro-Versteher . . .
. . . wobei der letzte Vorwurf wohl der mit Abstand verwerflichste ist (lacht). Dabei sehen viele meiner Landsleute nicht, dass ich ein Mann bin, der sein Vaterland aufrichtig liebt. Und genau deshalb die Finger in die Wunden legt, wenn etwas falsch läuft. Vor allem wenn es im Namen eines falsch verstandenen Nationalismus oder Patriotismus geschieht. In meinen Filmen habe ich immer versucht, die Wahrheit herauszufinden und der Desinformation oder gar Vertuschung – sei es von staatlicher oder anderer Seite – entgegenzuwirken. Wenn ich etwas hasse, dann die Arroganz der Macht. Nur wer den wahren Sachverhalt kennt, kann sich doch auch frei entscheiden. Natürlich lebt es sich mit einer Lüge immer leichter. Aber das war nie meine Art. Und schon gar nicht, wenn man hinter die Fassade blicken kann.
Aber können Sie das immer? Hat Ihnen nicht genau diese Anmaßung den Ruf als großer Verschwörungstheoretiker eingebracht?
Ich behaupte ja nicht, dass mir das immer gelingt. Und Sie können mir glauben: Auch ich musste das Zweifeln erst lernen. In meiner Jugend war ich ein Konformist und Mitläufer. Aber irgendwann konnte ich die Dinge, so wie sie liefen, nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren und habe angefangen, sie zu hinterfragen. Und dieses Recht, gewissen Sachverhalten auf den Grund zu gehen, habe ich mir bis heute nicht nehmen lassen. Warum auch? Wenn man mich deshalb für einen Verschwörungstheoretiker hält, soll es mir recht sein. Ganz abgesehen davon: Die einfachste Methode, jemanden zu diskreditieren, ist doch, ihn als Verrückten abzustempeln oder gleich als Staatsfeind.
Wie Edward Snowden zum Beispiel?

Als ich 2014 mit der Produktion des „Snowden“-Films angefangen habe, war Edward Snowden in den Augen der meisten Amerikaner ein Volksverräter. Sofort nach der Enthüllung der Geheimdokumente, die er an die Weltpresse weitergegeben hatte, wurde er von der politischen Elite dämonisiert. Er wurde zu Persona non grata. Und das war auch der Grund, warum ich den Film in Deutschland gemacht habe. Kein amerikanisches Studio hatte den Mut, sich auf dieses Projekt einzulassen. Zum Glück hatte ich schon lange vorher einen Deal mit dem deutschen Produzenten Moritz Borman, mit dem ich bereits viele Filme gestemmt habe. Moritz hat mir dann für diesen Film München und Umgebung empfohlen und natürlich auch die Bavaria-Studios. Dort entstand der größte Teil des Films.