Kuhn möchte sich für einen „Feinstaubalarm plus“ einsetzen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die EU-Kommission droht mit hohen Strafzahlungen, wenn die Luft in Stuttgart nicht bald sauberer wird. Statt auf Fahrverbote zu setzen, glaubt OB Fritz Kuhn aber weiterhin, das Umweltproblem mit dem freiwilligen Feinstaubalarm lösen zu können.

Stuttgart - Die Feinstaub- und Stickoxidwerte sind in Stuttgart seit mehr als zehn Jahren zu hoch, die EU-Kommission droht mit hohen Strafzahlungen, wenn die Luft nicht bald sauberer wird. Statt auf Fahrverbote zu setzen, glaubt Oberbürgermeister Fritz Kuhn aber weiterhin, das Umweltproblem mit dem freiwilligen Feinstaubalarm lösen zu können. Doch der Appell an die Bürger ist bis jetzt nicht auf eine große Resonanz gestoßen.

Herr Kuhn, der Feinstaubalarm auf freiwilliger Basis macht Sommerpause. Wird er womöglich, weil er so kraftlos ist, sanft entschlafen und im Herbst gar nicht mehr wiederkehren?
Wir haben die Chance, die Grenzwerte auf freiwilliger Basis und ohne Fahrverbote einzuhalten. Ich will von Mitte Oktober an eine Lösung „Feinstaubalarm plus“ mit verbesserten Rahmenbedingungen. Wenn mehr in der Stadt und der Region ernsthaft mitmachen, können wir die Einhaltung des Grenzwerts am Neckartor schaffen.
Warum geben Sie sich weiter mit einem Appell zufrieden? Der Alarm hat doch kaum Wirkung gezeigt.
In Spitzenzeiten gab es einen Rückgang des Verkehrs von bis zu acht Prozent. Das ist ja nicht nichts. Zufrieden bin ich aber erst, wenn die Grenzwerte unterschritten werden. Die Voraussetzungen sind auch gar nicht schlecht.
Man könnte es anders sehen. Wie kommen Sie denn darauf?
Unser auf den Wetterdaten basierendes Prognoseverfahren für Tage mit erwartbar höherer Feinstaubbelastung hat gut funktioniert. Im ersten Vierteljahr hat es am Neckartor an 26 Tagen Überschreitungen des Feinstaubgrenzwertes gegeben. Ich behaupte nicht, dass diese vergleichsweise niedrige Zahl nur vom Feinstaubalarm herrührt. Das Wetter hat auch mitgespielt. Optimistisch stimmt mich etwas anderes: Eine genaue Analyse zeigt, dass an 12 der 26 Tage die Werte nur um wenige Mikrogramm über dem gesetzlichen Limit von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft lagen. Mit zusätzlichen Maßnahmen haben wir die Chance, solche Werte künftig unter dem Grenzwert zu halten.
Wie soll denn von Mitte Oktober an dieser „Feinstaubalarm plus“ aussehen?
Im Berufsverkehr wollen wir das Angebot verbessern. Wir brauchen engere Taktzeiten auf wichtigen Stadtbahnlinien und damit mehr Kapazitäten. Das werden wir hinbekommen. Und die S-Bahn muss pünktlicher fahren, da darf es keine Ausreden mehr geben. Außerdem bereiten wir ein Feinstaubticket vor. Der Arbeitsauftrag lautet: zum halben Preis an Tagen mit Feinstaubalarm. Das wird aber nur machbar sein, wenn das Land, wie zugesagt, die Kosten zur Hälfte übernimmt. Auch durch mehr Fahrgemeinschaften könnten wir rasch einiges erreichen. Mehr Kapazitäten und ein günstiges Feinstaubticket – damit hoffen wir, den Verkehr reduzieren zu können.