Parlamentsdebatte 1991 im Bonner Wasserwerk. Foto: dpa

Vor 25 Jahren hat der Bundestag für den Umzug nach Berlin gestimmt. Der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm erinnert sich an das hitzige Pro und Kontra.

Bonn - Der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) hat seinerzeit für Bonn als Hauptstadt votiert. Sein Fazit heute: Die Berliner Republik kann mehr imponieren, allerdings ist in der neuen Metropole der Ton rauer geworden.

Herr Blüm, können Sie sich noch an die Stimmung im Bonner Wasserwerk, dem damaligen Sitz des Bundestags erinnern, als es 1991 zur entscheidenden Debatte um den Sitz der Regierung kam?
Es war spannend wie vor einem großen Boxkampf. Niemand konnte vorhersagen, wie es ausgeht. Die Meinungen waren ja in allen Fraktionen völlig gespalten.
Es gibt das verbreitete Urteil, dass am Ende die Rede Wolfgang Schäubles den Ausschlag gegeben hat. Stimmt das wirklich?
Jedenfalls gab es vor Beginn der Debatte noch eine recht große Gruppe nicht festgelegter Abgeordneter. Schäuble hat mit seiner Rede viele Emotionen zu Gunsten Berlins mobilisiert. Er vermittelte den Eindruck, dass eine Entscheidung für Bonn eine Art Verrat an der Vergangenheit und gegebenen Zusagen bedeute. Das hatte sicher seine Wirkung. Dagegen haben die Befürworter Bonns stärker rational argumentiert, jedenfalls nicht mit diesem ganzen Geschichtspathos.
Sie haben sehr politisch argumentiert.
Meine damaligen Argumente gelten für mich auch noch heute: Ich habe kein Bedürfnis nach einer Metropole, die ein Land dominiert. Im Zeitalter der Globalisierung ist die Zeit dieser nationalen Zentren vorbei.
Das politische Establishment war für Berlin. Man erinnert sich, wie Willy Brandt nach Schäubles Rede zu ihm ging und gratulierte. Das machte es ihrem Lager zusätzlich schwer, oder?
Ja, ja. Da wurde immer das Argument gespielt, Berlin, die Frontstadt der deutschen Einheit, könne nun den gerechten Lohn der Standhaftigkeit für sich beanspruchen. Natürlich war das ein starkes Argument. Mit dem Eintreten für Bonn war dagegen eine bestimmte Vorstellung von der Zukunft unserer Republik verbunden – nämlich einer europäischen.