Michaela May kommt nach Fellbach. Foto: Kulturamt (Janine Guldener)

Man kennt sie aus vielen Produktionen, beispielsweise aus dem „Polizeiruf 110“. Im Gespräch äußert sich Michaela May auch über „Me Too“ und ihre Erlebnisse im Filmbusiness.

Fellbach - Sie ist eine der beliebtesten Akteurinnen in Deutschland. Mehrfach war sie in Fellbach zu Gast. In der kommenden Woche, Montag und Dienstag, 26. und 27. Februar, agiert Michaela May im Dreipersonen-Stück „Die Wunderübung“ ab 20 Uhr in der Schwabenlandhalle.

Frau May, Ihre Karriere begann unseres Wissens Mitte der 1960er-Jahre mit „Onkel Toms Hütte“ und mit der Klara in „Heidi“ – noch als Gertraud Mittermayr oder schon unter Ihrem Künstlernamen Michaela May?
Mein erster Film war „Robinson soll nicht sterben“, das war 1963, dann folgte die Serie „Kommissar Freitag“, da war ich so neun Jahre – im Abspann werden Sie in diesen Filmen mich noch als Gertraud Mittermayr finden. Erst später, als die Agentur mich unter ihren Fittichen hatte, kam die Umbenennung. Damals gab’s die berühmten Skifahrerinnen, die Heidi, Evi oder Rosi Mittermaier hießen. Dann habe ich in einem „Jerry Cotton“ mitgespielt, da passte das nicht mehr, so wurde der Künstlername Michaela May geboren. Gertraud hat mir ohnehin noch nie gefallen – das war mir zu germanisch, Gertraud heißt ja „Speerwerferin“, diese Bedeutung gefiel mir gar nicht.
Und Michaela May haben Sie verinnerlicht?
Ja klar, inzwischen schon. Man muss aber zwei Jahre mit diesem Namen arbeiten, bis der neue Namen auch beim Einwohnermeldeamt geschützt wird und man damit unterschreiben darf. Alte Freunde sagen noch Traudi zu mir, aber selbst für meine Mutter bin ich mittlerweile die Michaela.
Sie haben mit Regiegrößen wie Dominik Graf, Bernd Schadewald, Helmut Dietl, Lars Kraume gearbeitet. Ein Name fehlt: Dieter Wedel – Zufall oder bewusster Verzicht?
Das stimmt nicht ganz, einmal habe ich auch mit Dieter Wedel gearbeitet – 1978/79 im Fernsehspiel „Das Komplott“.
Und was sagen Sie zum Thema „Me Too“?
Grundsätzlich bin ich gegen Vorverurteilungen. Natürlich ist es richtig, dass solche Dinge geklärt werden. Aber dass man jemanden in den Medien durch den Fleischwolf dreht und möglicherweise extrem ruiniert, ohne dass es womöglich gerechtfertigt ist, das halte ich auch in der aktuellen Berichterstattung für bedenklich. Wenn es dann eine Verurteilung gegeben hat, sieht es aber anders aus.
Belästigung von Frauen, das ist doch sicher auch in der Film- und Fernsehbranche ein Thema?
Es ist leider für viele Frauen tatsächlich ein Thema. Mir selbst ist es auch ein beziehungsweise zweimal passiert – nicht mit Herrn Wedel, falls Sie das fragen wollten. Da wollte mich ein Regisseur an der Brust betatschen, ich habe ihm eine gescheuert. Ein anderes Mal bin ich aus dem Hotelzimmer gegangen. Ich konnte mich wehren. Das ist im Berufsleben aber nicht immer möglich, auch außerhalb unserer Branche. Und wenn es dann ein Nummer-Eins-Regisseur ist, wird’s schon schwierig. Ich kenne Fälle, da hat die Agentur einer Schauspielerin geraten, die Belästigung für sich zu behalten – aus Furcht, dass dann die gesamte Schauspielerriege der Agentur eben nicht mehr verpflichtet wird. Aber das gibt es in allen Berufskreisen; nur wird den Frauen oft nicht geglaubt. Es ist ein Machtspiel von Männern, das eine Frau zutiefst verletzten kann. Ich hoffe jedenfalls, dass diese Bewegung auch etwas bewirken wird.
Eines Ihrer Fachgebiete soll ja die Schlagerwelt sein, oder?
Da sind Sie eher auf dem Holzweg. Wobei, auf meinen Mann trifft das durchaus zu, der hat da ein enormes Wissen. Ich habe ihn begleitet, als er den Dokumentarfilm über die Sängerin Manuela gemacht hat – die kennen Sie bestimmt auch: „Schuld war nur der Bossa Nova“. Natürlich habe ich im Laufe der Jahre auch mit einigen Schlagersängern gedreht, zum Beispiel Udo Jürgens und Wencke Myrhe. Das sind ja auch zum Teil meine Altersgenossen. Sehr gut kenne ich auch Mary Roos, Patrick Lindner, Jürgen Drews oder Michael Holm.
Aber hallo, „Mendocino“, „Tränen lügen nicht“. . .
Na bitte, dann sind ja eher Sie der Experte. Aber meine Sache war das musikalisch nie. Eigentlich bin ich eher eine Rock-Braut. Ich war ganz früher in einen Schlagzeuger verknallt, bin mit seiner Beatband in München um die Häuser gezogen oder durch Oberbayern getourt, so ein bisschen wie ein Groupie. Die hießen „The Subject“, später „Sahara“. Ich habe Klavier gelernt, aber mit 16 aufgehört. So war ich Ende der 1960er, Anfang der 70er eher so auf dem Hippietrip, da sind wir im Spitzenkleid oder im Parka übers Oktoberfest mit „Make love not war“ oder „Peace“-Schildern gelaufen und haben Blümchen verteilt. Die Schlagerwelt war ziemlich das Gegenteil, da hatte man als Teenie nichts mit am Hut.
Mal sind Sie in leichteren Stoffen zu sehen, mal in schwerer Kost – gerade in der Krimi-reihe „Polizeiruf 110“.
Das ist es auch, was ich so schätze, dass für jeden etwas dabei ist, Unterhaltung, Krimi, Drama, aber auch Serien wie die „Münchner Geschichten“. Man kann auf diese Weise ganz unterschiedliche Lebensweisen verkörpern, sei’s die Hexe, Prostituierte bis zur Kommissarin. Unser Schauspieltableau ist so reichhaltig, dass es einen jung hält, wenn man sich in eine neue Biografie reinarbeitet, diese Seele erlebt, in Konflikte gerät oder Süchte aushalten muss. Es ist gut, in eine Rolle hineinzugehen – aber auch gut, sich wieder davon zu befreien.
Apropos „Tränen lügen nicht“: Um Beziehungskalamitäten geht es auch in Ihrer aktuellen Tournee mit der „Wunderübung“, die Sie unter anderem auch nach Fellbach führt. Das verflixte 14. Ehejahr?
Es geht schon um eine schwere Krise, die Beziehung ist am absoluten Tiefpunkt angelangt, die fetzen sich ganz schön. Wir haben das schon beobachtet, dass sich die Leute im Publikum gegenseitig angucken und zuflüstern: So ähnlich haben wir das auch schon erlebt. Oder dass sie sich die Frage stellen: Wie würde ich mich verhalten? Der Autor Daniel Glattauer hat das sehr gut getroffen, sehr psychologisch, aber auch witzig. Heute ist es kein Tabu mehr, zum Therapeuten zu gehen. Bei ihm kann man sich gute Hilfestellung holen, wenn es nicht mehr läuft nach langjährigen Abnutzungserscheinungen. Es ist kein reines Boulevardstück, eher eine heitere Komödie mit tieferen Hintergründen.
Was ist der entscheidende Faktor?
Ganz klar: die Paradoxe Intervention!
Was ist das denn?
Das darf ich nicht verraten. Da müssen Ihre Leser schon zur Aufführung kommen.