Peter Hauk (CDU), Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, verteidigt die Geheimabsprachen der grün-schwarzen Regierung. Die darin vorgesehene Erhöhung der Grunderwerbsteuer hält er allerdings im Moment für überflüssig.

Stuttgart -

In eigentlich als vertraulich deklarierten Vereinbarungen hatten die Spitzenvertreter von Grünen und CDU nach der Landtagswahl im März wichtige Eckpunkte für ihre Regierungsarbeit festgehalten. Nun sind diese Geheimabkommen öffentlich geworden – und sorgen für viel Kritik.

Herr Hauk, Sie waren bereits in der letzten schwarz-gelben Regierung Minister. Gab es damals Geheimabsprachen?
Es hat Absprachen gegeben. Auch solche, die nicht im Koalitionsvertrag standen. Eine schriftliche Fixierung war damals aber nicht notwendig, weil die Partner sich schon lange gut gekannt haben. Ich habe Verständnis dafür, wenn die Grünen solche Dinge jetzt in schriftlicher Form haben wollen. Das dient dem Erfolg der Koalition. Wer gemeinsam einen Arbeitskatalog erarbeitet, muss auch die finanziellen Rahmenbedingungen festlegen. Ich persönlich hätte aber nichts dagegen gehabt, dies in den Koalitionsvertrag zu schreiben.
Spiegeln die schriftlichen Nebenabreden nicht ein tiefes Misstrauen der Koalitionspartner?
Diese haben sich vor drei Monaten einfach noch nicht so gut gekannt. Mit der FDP konnten wir vieles per Handschlag und auf Zuruf vereinbaren.
Kann Grün-Schwarz ebenfalls eine Handschlag-Koalition werden?
Bisher lässt es sich gut an. Wir arbeiten ordentlich zusammen und lernen, unser Gegenüber besser einzuschätzen.
Wäre es da nicht notwendig, dass auch die CDU-Fraktion rückhaltlos hinter den Nebenabsprachen steht?
Deshalb haben ja die damaligen Fraktionsvorsitzenden von CDU und Grünen die Nebenabsprachen unterschrieben.
Ihr neuer Fraktionschef Wolfgang Reinhart, der zum Zeitpunkt der Koalitionsverhandlungen noch nicht im Amt war, scheint sich aber wegzuducken.
Jeder steht in der Verpflichtung seiner Vorgänger. Die neuen Fraktionschefs sind nicht losgelöst von dem, was vorher passiert ist. Natürlich steht auch die CDU-Fraktion in der Verantwortung für die Nebenabreden und muss sich daran gebunden fühlen. Ich kann mir auch nicht aussuchen, welche Weichen mein Vorgänger gestellt hat.
Der heikelste Punkt des Papiers ist wohl die Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Ist das angesichts der hohen Steuereinnahmen und der von der CDU geführten Debatte um Steuererleichterungen nicht kurios?
Diese Forderung passt nicht in eine Zeit, in der wir so üppige Einnahmen haben wie jetzt. Aber sie würde sofort passen, wenn die Prognosen schwieriger würden. Dann müssten wir uns fragen, wie wir 2020 die Nullverschuldung erreichen. Wir wollen nicht zum Instrument eines harten Stellenabbaus greifen, sondern von den Zusatzeinnahmen, die wir momentan haben, etwas weniger verteilen.
Also keine höhere Grunderwerbssteuer?
Derzeit nicht. Und wie man eine solche Steuererhöhung ausgestalten würde, wenn man sie dann benötigt, steht auf einem anderen Blatt. Ich kann zum Beispiel Menschen, die Wohnraum erstmals erwerben, von einer Erhöhung ausnehmen. Da gibt es viele Varianten. Die dümmste Art wäre eine pauschale Erhöhung. Wenn wir ein solches Instrument überlegen, müssen wir auch den sozialen Aspekt berücksichtigen. Aber am Anfang einer Koalition darf es keine Denkverbote geben.
Sie haben sich die Stärkung des ländlichen Raums auf die Fahnen geschrieben. Wie wollen Sie das erreichen, wenn auch Ihr Ministerium unter erhöhtem Einspardruck steht?
Alle Ministerien stehen unter Spardruck. Ich kann und will mich dem nicht entziehen. Wenn wir auch nicht alle Wünsche erfüllen können, so haben wir doch eine klare Perspektive: Wenn wir 2020 ohne neue Schulden auskommen, dann haben wir wieder richtig Luft zum Durchstarten.
Ist das Ausbluten des ländlichen Raums nicht so stark, dass sie eigentlich deutlich mehr Geld als heute in die Hand nehmen müssten?
Wir nehmen viel Geld in die Hand. Wir haben uns in der Koalition ja nicht nur auf Einsparungen verständigt, sondern auch auf Mehrausgaben in zentralen Bereichen – rund 700 Millionen in fünf Jahren. Dazu gehört der Ausbau der Breitbandversorgung, die insbesondere im ländlichen Raum Defizite aufweist im Vergleich zu den Städten. Ich habe vor kurzem dem Landrat von Waldshut einen Sammelförderbescheid überreicht, der gemeinsam mit den Kommunen ein Ausbaukonzept über 18 Millionen Euro entwickelt hat. Damit werden weite Teile des Landkreises auf einen Stand gebracht, der dem in der Innenstadt von Stuttgart entspricht. Wir wollen bis Ende 2017 jeden Einwohner in Baden-Württemberg an eine Internetversorgung mit 50 MBit/sec heranzubringen, damit hier auch beim Datenverkehr Chancengleichheit hergestellt wird zwischen Stadt und Land. Dann können zum Beispiel auch Telearbeitsplätze leichter in einem Dorf eingerichtet werden.
Dann ist Innenminister Thomas Strobl, der für den Breitbandausbau zuständig ist, also wichtiger für die Entwicklung des ländlichen Raums als Sie?
Wir arbeiten als Regierung gemeinsam an diesem Ziel. Viele andere Ministerien wirken daran mit: das Sozialministerium beim Thema Krankenhausversorgung, das Verkehrsministerium beim Thema Straßenbau, und viele andere kommen dazu. Wir haben zur Koordinierung einen Kabinettsausschuss zu diesen Themen gebildet, dem ich vorstehe.
Aber Sie haben im Vergleich zu Ihrem grünen Amtsvorgänger Bonde zwei wichtige Kompetenzen abgeben müssen, die ebenfalls großen Einfluss auf dieses Thema haben: Tourismus und Naturschutz.
Ja, ich trauere aber nicht dem nach, was ich nicht habe, sondern nutze meine vorhandenen Möglichkeiten. Wir haben zum Beispiel das Entwicklungsprogramm ländlicher Raum. Das werden wir in den nächsten fünf Jahren deutlich aufstocken. Mit diesem Instrument kann man sehr gut steuern. Ein Beispiel: Wir wollen guten Wohnraum in den Dörfern und den ländlichen Städten, die drohen sonst brach zu fallen. Die Förderung in diesem Bereich justieren wir neu: Wir werden einen Schwerpunkt auf der Innenentwicklung unserer Dörfer und Städte legen.
Also noch mehr Brunnen und Blumenkästen in Innenstädten?
Nein. Es geht um mehr Wohnraum in den Dorfkernen, gerade auch zur Vermietung. Es geht um den Abbruch maroder Gebäude, um Platz zu schaffen für attraktiven Neubau. Das soll gerade junge Familien animieren, hier zu wohnen. Nur so können wir die Ballungsräume von weiterem Zuzug entlasten. Die Stuttgarter stöhnen und ächzen doch aus guten Gründen über immer höhere Kosten für Mieten und Wohneigentum.