Ahmet Akinti ist seit September türkischer Generalkonsul in Stuttgart. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der türkische Generalkonsul Ahmet Akinti verteidigt seine Bitte an die Landesregierung, Gülen-nahe Institutionen neu zu bewerten.

Stuttgart – - Herr Akinti, Sie haben eine Liste mit mutmaßlich Gülen-nahen Institutionen erstellt und die baden-württembergische Landesregierung gebeten, diese zu prüfen. Weshalb?
Ein Bericht des Landesamts für Verfassungsschutz über die Gülen-Bewegung stellt heraus, dass vereinzelte Aussagen von Fethullah Gülen verfassungskritisch zu sehen sind. Des Weiteren hat die Bewegung mit einem Putsch versucht, den türkischen Staatsapparat illegal unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Türkei hat sie als Terrororganisation eingestuft, die weltweit tätig ist. Wie auch beim IS und der PKK brauchen wir bei der Bekämpfung dieser Organisation die Hilfe anderer Länder.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann fand ihre Bitte um eine Neubewertung „befremdend“.
Das mag sein. Aber wir sind noch am Anfang der Beweisaufnahme. Die Polizei nimmt weiterhin Zeugenaussagen auf. Was gerade in der Türkei zutage tritt, ist erst die Spitze des Eisbergs.
In Köln haben 40 000 Menschen für Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan demonstriert. Viele zweifeln am Demokratieverständnis der Deutschtürken und sehen die Integration als gescheitert an.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass es einen Putschversuch gab, bei dem 237 Menschen getötet und über 2100 verletzt worden sind. Daher herrscht in der Türkei momentan der Ausnahmezustand. Alle Maßnahmen der türkischen Regierung sind notwendig, um die Demokratie zu schützen. Zur Demo in Köln: Sie zeigt, dass die deutschtürkische Bevölkerung Interesse an der türkischen Politik hat. Die Mehrheit dieser Menschen hat auch das Recht, sich an politischen Wahlen in der Türkei zu beteiligen.
Ist denn überhaupt bewiesen, dass die Gülen-Bewegung hinter dem Putsch steckt?
Für die türkische Regierung liegt das eindeutig auf der Hand. Es gibt mehrere Zeugenaussagen, die darauf hinweisen. Die wichtigste Aussage ist wohl die von Generalstabschef Hulusi Akar, der sich in der Putschnacht gegen den Staatsstreich gestellt hat. Nachdem Akar festgenommen worden war, bot ihm der Brigadegeneral Hakan Evrim, ein Putschist, an: „Wenn Sie möchten, können wir ein Telefongespräch mit unserem Meinungsführer Fethullah Gülen organisieren.“
Im Internet kursiert eine weitere Liste, auf der mutmaßliche Unterstützer von Fethullah Gülen aufgelistet sind. Die Einrichtungen, die sich in mehreren Bundesländern befinden, sollen boykottiert werden. Was wissen Sie darüber?
Ich habe von dieser Liste gehört. Aber mir ist sie bisher nicht in die Hände gekommen. Jeder kann frei entscheiden, wo er einkauft. Ich kann nur an die Menschen appellieren, mit solchen Verdächtigungen vorsichtig zu sein – insbesondere in den sozialen Medien. Mit falschen Anschuldigungen verstößt man gegen die Rechte der betroffenen Menschen. Wenn man Kritik oder Protest ausüben will, dann nur im gesetzlichen Rahmen.