Frank Fränzi Schneider versucht, ein guter Zuhörer zu sein. Der Telefonanruf ist der erste Kontakt, dann folgen persönliche Begegnungen. Foto: Caroline Holowiecki

Die Kommunikation zwischen Menschen krankt heutzutage, sagt Frank Fränzi Schneider, Schauspieler, Autor, Theaterpädagoge und Mediator. Der Mann aus Stuttgart-Sillenbuch will etwas daran ändern und hat mit einem Freund die „Initiative Zuhören mit Herz“ gegründet. Was steckt dahinter?

Filder - Vor allem in Altersheimen fehlt den Menschen oft jemand, der ihnen wirklich zuhört. Das hat Frank Fränzi Schneider bei seiner Mutter beobachtet. Mit der „Initiative Zuhören mit Herz“ will der 82-jährige Sillenbucher seinen Teil dazu beitragen, dass sich daran etwas ändert. Im Interview erzählt er, das ihm sein Engagement für andere auch selbst etwas bringt.

Sie bieten sich Fremden als Ansprechpartner an. Was ist „Zuhören mit Herz“?

Das ist eine junge Initiative seit August. Ich habe einen Freund, Gerd Prüssing, den ehemaligen Geschäftsführer von Wala in Bad Boll, der sagte mir so en passant: Ich höre zu. Ich sagte: Was meinst du damit? Und er sagte: Na ja, es gibt Menschen, die sind depressiv, die sind einsam, die haben ihren Partner verloren, und du mit deiner Erfahrung könntest helfen. Das hat mich getroffen.

Im positiven Sinne?

Ja, das hat was ausgelöst. Ich habe eine Nacht drüber geschlafen, dann Gerd angerufen und gesagt: Hör mal, ich mach das, aber ich will es nicht allein machen. Wir machen das zusammen und in mehreren Räumen. Das bauen wir auf – wenn es läuft. Er macht es für Göppingen und Kirchheim und ich in Stuttgart. Seitdem bemühe ich mich hier, vor allem in Altersresidenzen, in der Diakonie und auch bei jungen Menschen ehrenamtlich um Andockstellen. Aber es läuft zäh an.

Was sind die Hemmnisse?

Die alten Leute sind zögerlich. Die brauchen eine Empfehlung, wir kennen den, der ist in Ordnung. Es muss einen Bezug geben, eine Bezugsperson, die das vermittelt. Es ist einfach schwierig.

Was können Sie den Menschen bieten?

Zunächst einmal, und das finde ich das Entscheidende, ist Dialog ein Zuhören und ein Sprechen. Wir Menschen sind heute aber Redner. Wir reden ständig. Aber das Zuhören, ein waches Zuhören mit Empathie, in dem man erkennt, weil man ganz beim anderen ist, was das Problem ist? Partnerprobleme, Einsamkeit, Angst? Wenn das alles rauskommt, so ist meine Strategie, dann haben wir noch mal ein Gespräch. Ein Gespräch hatte ich jetzt im Altersheim, das war schön, wirklich sehr schön. Mit einer 89-jährigen Frau – was man da alles erlebt an Biografie.

Haben die Menschen heute keinen mehr zum Reden?

Ich weiß es aus Erfahrung mit meiner Mutter, im Altersheim geht das so: Es klopft an der Tür, hallo Frau Soundso, hier sind die Medikamente, die müssen Sie nehmen. Brauchen Sie sonst noch was? Und dann kommt der Nächste und der Nächste. Zeitmangel herrscht besonders im Altersheim. Die Menschen haben gar keine Zeit, sich eine Dreiviertelstunde hinzusetzen und zu fragen: Was ist Ihr Problem? Lassen Sie es doch mal raus, ich höre zu, und wenn es mir möglich ist, kann ich Ihnen eine Hilfestellung geben. Ich kann da mit meiner Erfahrung arbeiten. Ich habe eine Ausbildung in Mediation, Biografiearbeit, Theater, ich kann etwas machen mit Sprache, mit Rhythmen, mit Bewegung. Das Telefon ist ein Türöffner, aber ich will persönliche Begegnungen schaffen.

Sind die Menschen heute einsam?

Die Kommunikation mit den Menschen, die Kommunikation mit der Natur, die Kommunikation auch mit einem Geistigen geht heute verloren. Einsamkeit hat, meine ich, mit unserer digitalen Gesellschaft zu tun, und das wird noch schlimmer werden. Das ist der Zeitgeist. In der U-Bahn schauen alle in die Handys. Kein Mensch weiß, wer hier sitzt. Einsamkeit ist ein Verlust an Leben.

Was geben Ihnen diese Begegnungen, Herr Schneider?

Ich hoffe, dass es mir die Möglichkeit gibt, den Menschen mit meinen Fähigkeiten künstlerisch und therapeutisch etwas zu geben – und dann wieder auch ein Thema fürs Schreiben zu bekommen. Mein Zukunftsziel ist es: Wenn ich viele Begegnungen habe – ich notiere alles ganz genau –, dass ich mir dann sage: Ja, das ist interessant. Diese Biografie kann ich in Literatur verwandeln, wenn ich den Betreffenden frage.

Wie man Kontakt herstellen kann

Frank Fränzi Schneider und die „Initiative Zuhören mit Herz“ erreicht man unter der Telefonnummer 0711/8 82 74 38 oder im Internet unter www.theatron-schneider.de