Die grünen Wiesen rechts vom Langen See sind für die Flugfeldklinik reserviert. Foto: Werner Kuhnle

Der Böblinger Landrat Roland Bernhard ist überzeugt, dass der Klinikneubau auf dem Flugfeld sich finanziell positiv auswirkt. Aus den Fehlern, die an anderen Standorten bei Krankenhausbauten gemacht wurden, will der Kreis lernen.

Böblingen - Nachdem das Sozialministerium dem Kreis acht Millionen Euro für die Planung der Flugfeldklinik bewilligt hat, wird diese nun konkreter. Die Kreisräte jedoch fürchten, dass die Kosten aus dem Ruder laufen könnten. Wie man dies vermeiden kann und wie sichergestellt wird, dass die Entwürfe der Architekten später zu einem funktionsfähigen Krankenhaus führen, erläuterte uns Roland Bernhard, der Landrat und der Vorsitzende des Klinikverbunds Südwest.
Herr Bernhard, im Moment sind Sie mit den Kreisräten auf Tour durch neue Kliniken im Land. Sie sagen, Sie wollen von den Fehlern der anderen lernen und diese beim Bau der Flugfeldklinik vermeiden. Was wird es auf keinen Fall in Böblingen geben?
Wir haben uns das Olga-Krankenhaus in Stuttgart angeschaut und den Neubau in Villingen-Schwenningen. Die neue Klinik in Winnenden steht noch auf unserer Besuchsliste. Wir wollen von den guten und den schlechten Dingen der anderen lernen. Zum Beispiel bei der Frage, wie die Eingangshalle eines Krankenhauses gebaut wird. Die muss nicht aussehen wie bei einem Fünf-Sterne-Hotel. Man kann den Fehler machen, mehr auf den Architekten zu hören als auf das, was für den Patienten wichtig ist.
Sie meinen das Krankenhaus Winnenden, wo die Notaufnahmen nicht funktioniert?
Ich will niemanden herausstellen. Wie ich höre, ist in Winnenden nicht alles optimal gelaufen. Das Gebäude wurde nicht überall so konzipiert, dass der Betriebsablauf reibungslos funktioniert. Das wollen wir besser machen.
Ein Motiv für den Neubau auf dem Flugfeld sind die Finanzen. Sie wollen das Defizit verringern, gar Gewinne machen, indem Sie die Kliniken Böblingen und Sindelfingen zusammenlegen. Das Gleiche hat man in Winnenden und in Villingen-Schwenningen versucht, aber nicht erreicht. In Winnenden hat sich das Defizit sogar verdoppelt.
Unser Fernziel ist nach wie vor die schwarze Null. Diese werden wir aber nicht pünktlich mit dem Einzug in den Neubau auf dem Flugfeld erreichen. Wir gehen davon aus, dass wir das zwei bis drei Jahre nach der Eröffnung schaffen. Wir haben ein klares wirtschaftliches Ziel: Die Gutachter haben errechnet, dass wir durch die Zusammenlegung der beiden bestehenden Kliniken pro Jahr sechs Millionen Euro einsparen, die wir im Moment durch die Doppelstrukturen der Häuser in Böblingen und Sindelfingen noch ausgeben.
Das wollte man aber auch in Winnenden und hat dort zwei Kliniken zusammengelegt. Das Defizit ist aber gestiegen. Was wollen Sie anders machen?
Man muss die Weichen schon vorher stellen – schon vor Baubeginn. Die schwarze Null kommt nicht automatisch. Neben dem Abbau von Doppelstrukturen in Böblingen und Sindelfingen geht es darum, das vom Kreistag beschlossene Medizinkonzept zügig umzusetzen. Das wirkt nicht nur finanziell, sondern wird die medizinische Versorgung der Patienten verbessern.
Aber auch das ist in Winnenden schiefgegangen. In der Notaufnahme muss es ziemlich chaotisch zugehen.
Zu Winnenden kann ich im Moment nicht konkreter werden, das schauen wir uns erst demnächst an. Ich gehe aber davon aus, dass man dort noch nacharbeitet. Darum beneide ich den Kollegen nicht. Wir waren bereits in Villingen-Schwenningen. Und dort gibt es eine deutliche Qualitätsverbesserung in der Versorgung der Patienten.
Die Baukosten in Villingen-Schwenningen waren aber deutlich niedriger: 263 Millionen Euro für das 750 Betten-Haus. In Böblingen kalkuliert man für eine gleich große Klinik mit etwa 437 Millionen Euro. Wie kann das sein?
Zum einen liegt der Bau ja bereits einige Jahre zurück. Die Baukosten sind gestiegen und steigen weiter. In unserem Ballungsraum ist Bauen um einiges teurer als im Schwarzwald, wo man auf der grünen Wiese gebaut hat. Wir müssen auf dem Flugfeld ganz andere städtebauliche Rahmenbedingungen erfüllen, die man in Villingen-Schwenningen so nicht brauchte. Vor allem aber wollen wir nicht den Fehler machen, zu knapp zu kalkulieren. Wir haben einen Risikoaufschlag von bis zu 75 Millionen Euro im Budget. Das bedeutet aber nicht, dass wir das gesamte Geld ausgeben wollen. Das ist ein Puffer. Wir wollen nicht von Mehrkosten überrascht werden.
Das Problem ist doch, dass weder Sie als Landrat noch die Kreisräte Experten für Krankenhausbau sind. Sie sind auf Fachleute von außen und deren Expertisen angewiesen. Woher wissen Sie, dass die korrekt planen und rechnen?
Wir haben mit Harald Schäfer einen erfahrenen Projekt-Geschäftsführer für den Neubau angestellt, der am 1. Januar beginnt. Und wir wollen über die Projektorganisation sicherstellen, dass neben der Politik auch Planer und Nutzer ihre Erfahrungen einbringen können. Dazu soll der Kreistag noch dieses Jahr einen Beschluss fassen. Aber man muss sich auch fragen: Was wäre die Alternative zu einem Neubau auf dem Flugfeld? Wir müssten die beiden Krankenhäuser in Sindelfingen und Böblingen sanieren – für mindestens 200 Millionen Euro – und würden dafür kaum Zuschuss vom Land bekommen. Und wir hätten nicht die Qualitätsverbesserung, die wir brauchen.
Wissen Sie jetzt, mit welchem Betrag die Landesregierung den Neubau auf dem Flugfeld fördert?
Den genauen Betrag kennen wir noch nicht. Wir rechnen mit 40 bis 50 Prozent der förderungsfähigen Kosten.
Das bedeutet?
Bestimmte Dinge wie Grundstück und Außenanlagen fördert das Land nicht. Eine genaue Berechnung liegt aber noch nicht vor. Wir sind dazu in Gesprächen mit dem Sozialministerium.
Mit einer Zusammenlegung der beiden Kliniken müssten Sie auch beim Personal sparen. Wie viel?
Beim ersten Gutachten von Teamplan vor einigen Jahren ging man von etwa 70 Stellen aus, die man einsparen kann. Das muss die Geschäftsführung noch genau prüfen. Aber wir werden sicher weniger Leute brauchen, weil wir im Moment an beiden Standorten noch vieles doppelt vorhalten. Sparen werden wir aber auch bei den Sachkosten, und es wird einen positiven Effekt auf den Umsatz geben. All dies zusammen wird das Ergebnis um noch einiges mehr als die sechs Millionen Euro verbessern, die wir pro Jahr durch die Zusammenlegung sparen.
Und wie realistisch ist auf Dauer eine schwarze Null?
Es muss immer jemand geben, der trägt. Der Landkreis Böblingen muss als Träger der Gebäude dafür sorgen, dass der Klinikbetrieb gut läuft. Solange die schwarze Null nicht erreicht wird, lassen wir den Klinikverbund nicht im Regen stehen. Am wichtigsten ist uns eine gute Versorgung der Patienten.
Und die können Sie garantieren?
Ja, das steht fest: Es wird mit dem Neubau, der Sanierung der Kliniken in Herrenberg und Leonberg, wo wir viel Geld investieren, und der Umsetzung unseres Medizinkonzepts eine deutliche Qualitätsverbesserung für die Patienten geben. Eine hohe Qualität bei der Krankenhausversorgung für die Menschen im Landkreis zu sichern, bleibt unsere wichtigste Aufgabe.