Christian Berkel und Andrea Sawatzki sind nicht nur auf dem Roten Teppich, sondern auch zu Hause ein Team Foto: dpa

Christian Berkel ist nun wieder als „Der Kriminalist“ im ZDF zu sehen. Im Interview spricht er über den Drehort Berlin, das Bedrohungspotenzial von Freizeit und sein Leben mit Andrea Sawatzki.

Berlin - Herr Berkel, seit 2006 ermitteln Sie als „Der Kriminalist“. Wie wichtig war für Sie Berlin als Drehort?
Berlin war für mich zwingend, es stand allerdings auch nie ein anderer Drehort zur Debatte. Ich bin von Januar bis Juli mit den Dreharbeiten beschäftigt, in einer anderen Stadt hätte ich meine Kinder nicht mehr gesehen. Ein halbes Jahr woanders – das ist zu lang, und das will ich nicht.
Müssen Sie nach einem anstrengenden Drehtag umschalten, oder sind Sie sofort der Papa, wenn Sie durch die Haustür kommen?
Meinen Söhnen ist wurscht, was ich gedreht habe. Ich erwarte ein gewisses Entgegenkommen, wenn ich mal müde bin. Aber ich erwarte nicht dauernde Rücksichtnahme, und das merken die Kinder. Wenn ich es dann wirklich brauche, sind sie deshalb auch sehr bereit dazu. Wir beide versuchen als Eltern so gut wie möglich unsere eigene Normalität herzustellen. Jede Familie hat ihre eigenen Gesetze, nach denen sie funktioniert. Das ist wie der eigene Mikro-Kosmos.
Wie ist es, in einer Stadt zu drehen, in der ständig irgendein Filmteam arbeitet?
(Lächelt) In Wohnungen ist das etwas anderes als auf der Straße. Denn die Wohnungen werden ja von den Leuten bereitgestellt. Aber Nachbarn oder Leute auf der Straße sind mitunter nicht wirklich erfreut, was ich in bestimmten Wohnbereichen durchaus verstehen kann. Wenn alle Parkplätze durch Licht-Lkw, Maskenmobile und dergleichen blockiert sind und die Leute keinen Parkplatz finden, wenn sie abends von der Arbeit nach Hause kommen – und das über eine ganze Woche lang –, dann ist man schon mal schlechter Laune.
Aber Sie bringen auch Arbeitsplätze nach Berlin.
Absolut richtig. Nun bin ich auch Berliner, und ich liebe meine Stadt natürlich, denn ich lebe sehr gerne in Berlin. Ich finde aber auch, dass Berlin filmisch gesehen eine äußerst attraktive Stadt ist, weil sie sehr viel Gegensätzliches zu bieten hat.
„Der Kriminalist“ reagiert in Krisensituation sehr besonnen, bleibt ruhig und motiviert andere. Wie reagieren Sie privat in einer Krise?
Ich glaube, dass ich in Krisensituationen ziemlich ruhig reagiere. Ich werde unruhig oder hektisch, wenn ich zu spät komme oder wenn ich kurz davor bin, einen Zug oder ein Flugzeug zu verpassen. In verhältnismäßig unwichtigen Situationen werde ich nervös, auch mal laut zu Hause. Wenn es aber wirklich um etwas Wichtiges geht, dann reagiere ich eher ruhig und besonnen.
Woher kommt das?
Das war bei meinen Eltern auch so. Meine Mutter ist jemand, der in vielen Dingen dramatisch reagiert hat. Wenn es aber ein echtes Problem gab, war sie die Ruhe selbst und ganz sachlich. Und das ist bei mir auch so.
Ihre Frau, Andrea Sawatzki, arbeitet auch viel. Wie schaffen Sie es, Beruf und Familie zu organisieren?
Offenbar gelingt es uns beiden recht gut, sehr schnell umzuschalten. Das haben wir durch die Kinder gelernt. Ich glaube, dass wir das beide vorher gar nicht so gut konnten. Ich war sehr in einer Arbeit verhaftet und konnte nicht nach Hause kommen und, zack, den Schalter umlegen, um privat zu sein. Das fiel mir sehr schwer.
Und jetzt?
Mit kleinen Kindern geht das gar nicht anders. Dazusitzen und im Kopf ganz woanders zu sein, das funktioniert gar nicht. Also habe ich gemerkt, ich muss das schaffen, ich will das lernen. Und wenn man etwas will und muss, dann geht das auf einmal ganz schnell. Wenn man mir früher gesagt hätte: So, du hast jetzt eine halbe Stunde Zeit. Wenn du willst, kannst du jetzt lesen. Dann hätte ich gesagt, in einer halben Stunde brauche ich nichts anzufangen – und schon gar kein Buch.
Das ist heute anders?
Durch unsere Kinder habe ich gemerkt, mit dieser Haltung kann ich irgendwann überhaupt nicht mehr lesen, denn ich werde immer nur hier und da etwas Zeit haben, außer in den Ferien. Dann habe ich gelernt, die Zeit, die ich habe, zu nutzen. Man muss sofort agieren, nicht von der halben Stunde zehn Minuten verlieren, sondern jetzt loslegen, und dann funktioniert es sehr gut.
Sie haben mal gesagt, Freizeit sei für Sie eine Bedrohung. Hat sich das relativiert?
Ich habe gar nicht so viel Freizeit. Vielleicht habe ich es früher mal als eine Bedrohung empfunden, wenn ich freie Zeit hatte, zu denken: Oh Gott, was mache ich jetzt bloß damit? Das Gefühl kenne ich eigentlich gar nicht mehr. Ich habe immer etwas, worauf ich Lust habe und was ich gerne machen möchte. Ich unternehme etwas mit unseren Kindern. Ich verbringe Zeit zusammen mit meiner Frau, und ich lese auch mal ein gutes Buch. Das Problem, wie ich meine Freizeit verbringe, habe ich nicht mehr.
Müssen Sie wegen ihres Berufs auf sonst noch was verzichten?
(Lächelt) Ich habe auf das Motorradfahren immer schweren Herzens verzichtet. Als Jugendlicher bin ich gerne Mofa und Moped gefahren, aber ich habe nie den Motorradführerschein gemacht, weil ich immer dachte: Das geht bei meinem Beruf gar nicht. Mein Körper ist mein Kapital, und wenn mir da einer gegen die Beine fährt oder sonst was, das hat gar keinen Sinn. Egal, wie vorsichtig ich fahre, ich bin im Straßenverkehr als Motorradfahrer einfach zu sehr abhängig von den anderen Verkehrsteilnehmern.

„Der Kriminalist“, ZDF, freitags, 20.15 Uhr