Hotelinhaber: Melinda Nyerges-Böhler und Manuel Böhler Foto: factum/Granville

Manuel Böhler und Melinda Nyerges-Böhler hoffen, dass die Chance genutzt und die Altstadt von Böblingen aufgewertet wird.

Böblingen - Vor allem Geschäftsreisende logieren im Hotel Böhler am Böblinger Postplatz. Mit ihrem Standort sind die Inhaber zufrieden. Manuel Böhler und Melinda Nyerges-Böhler wünschen sich allerdings weniger Verkehr – und ein Konzept für das große Ganze.

Herr Böhler und Frau Nyerges-Böhler, die Altstadt um den Schlossberg gilt mittlerweile als Problemviertel. Wie beurteilen Sie den Schlossbergring als Standort für Ihr Hotel?
Melinda Nyerges-Böhler: Der Standort ist gut. Wir haben eine schöne Lage, sind gut zu erreichen, und vom Schlossberg aus hat man einen tollen Ausblick. Unseren Gästen ist es wichtig, dass sie in Laufnähe zu Restaurants, Geschäften und den Seen für die Naherholung wohnen. Bei uns übernachten vor allem Geschäftsreisende – und die wollen abends ihr Auto stehen lassen.
Manuel Böhler: Die internationalen Gäste schätzen die Altstadt, weil sie gewachsen ist und keine hochgezogene Satellitenstadt. Hier gibt es noch historische Bausubstanz, die Stadtkirche, die Zehntscheuer, das Künstlerviertel. Hier ist es so, wie sie sich Deutschland vorgestellt haben. Gemütlich sei es hier, hören wir häufig.
Melinda Nyerges-Böhler: Der viele Verkehr fällt ihnen allerdings auch auf . . .
Da sind wir schon beim Thema! Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?
Melinda Nyerges-Böhler: Die Autos winden sich nonstop den Berg hinauf, zur Hauptverkehrszeit ist es eine Blechlawine. Und es gibt Leerstände. Das bedauern wir sehr. Dass der Marktplatz eine derart marginale Rolle spielt, finden wir schade. Es wäre schön, wenn hier mehr Leben wäre. Das Dableiben und Verweilen findet nicht in der Form statt, wie wir es uns für einen so schönen Flecken vorstellen. Wir sind sehr interessiert daran, dass sich das ändert.
Manuel Böhler: Ganz konkret ist uns aufgefallen, dass viele Autofahrer nicht wissen, wo sich die Parkhäuser befinden. Da fehlt ein gutes Leistsystem. Und letztlich fehlt natürlich ein Konzept für das große Ganze.
Finden Sie die Strategie der Stadt richtig, erst einen Masterplan zu entwickeln?
Melinda Nyerges-Böhler: Es sind ja bereits Schritte unternommen worden, um das Areal aufzuwerten. Die Straße Schlossberg ist schon saniert worden inklusive Bäume und Bank. Das ist ein super Anfang. Und es gibt einen großen Pool an Ideen.
Manuel Böhler: Die Stadtverwaltung muss jetzt diese Ideen aufgreifen und ein sinnvolles Konzept daraus machen – im Dialog mit allen Beteiligten. Sie sollte den Rahmen vorgeben, in dem sich dann alle mit eigener Kreativität bewegen können. Wir wollen auch unseren Beitrag dazu leisten.
Inwiefern?
Melinda Nyerges-Böhler: Auf die Verkehrsplanung haben wir Anwohner keinen Einfluss. Auch die Straßenraumgestaltung ist Sache der Verwaltung. Wir fänden es sinnvoll, den Verkehr so weit wie möglich aus der Innenstadt herauszunehmen und Umgehungsmöglichkeiten zu schaffen. Wenn alles ruhiger wäre, könnten wir das Hotel zum Platz hin öffnen. Man kann nicht sagen, die Stadt muss alles machen. Wir sind uns bewusst, dass unser Hotel eines der größten Gebäude am Postplatz ist.
Manuel Böhler: Wir wollen es die nächsten Jahre zu einem Aushängeschild machen. Wir planen im ersten Schritt, die Fassade und die Balkone richten zu lassen und mehr Verglasung an der Frontseite.
Die Entwicklung des Masterplans dauert zwei Jahre. Geht es nicht zu langsam voran?
Melinda Nyerges-Böhler: Es ist ein so großes Projekt, die Zeit ist deshalb gut investiert. Das Ergebnis soll nachhaltig sein. Wenn man in Schritten von 20 Jahren denkt, sind zwei Jahre nicht so viel. Aber es muss tatsächlich jetzt angegangen werden.
Es gab schon viele Versuche, den Schlossberg zu verschönern. Warum sind sie gescheitert?
Melinda Nyerges-Böhler: Die Altstadt ist ein komplexes bestehendes System. Das macht Veränderungen viel schwieriger. Auf dem Flugfeld konnte man dagegen bei null anfangen. Für den Schlossberg gab es nie einen Masterplan. Wenn der stimmig ist und jeder Anwohner, Gewerbetreibende und Immobilienbesitzer weiß, welchen Beitrag er zu leisten hat, sind wir überzeugt, dass es funktioniert. Man renoviert nicht seinen Dachstuhl, wenn das Haus darunter bröckelt.
Teilen Sie die Kritik, dass der Schlossberg im Vergleich zu anderen Stadtteilen stark vernachlässigt wurde?
Manuel Böhler: Da herrscht eine sehr zwiespältige Meinung. In den letzten Jahren hatten sicherlich andere Gebiete wie das Flugfeld oder die Bahnhofstraße Vorrang. Aus unserer Sicht war diese Vorgehensweise richtig, da ein neuer Stadtteil erschlossen wurde, der Wirtschaftskraft nach Böblingen bringt. Und die Bahnhofstraße war der erste wichtige Schritt, Böblingen wieder attraktiver zu machen. Nun hat man die einzigartige Chance, dieses Projekt vom Elbenplatz auf die Altstadt auszudehnen. Und die sollte man nutzen. Unter dem Aspekt, dass der Schlossberg ein Symbol für den Willen zum Wiederaufbau nach dem Weltkrieg ist, wäre es schlimm, wenn wieder nichts passieren würde. Das Tor zur Stadt ist gemacht . . .
Melinda Nyerges-Böhler: Jetzt muss man noch den Kern richten. Wir sind optimistisch und glauben daran, dass wir eine schöne und attraktive Innenstadt bekommen können.