Arne Gabius sagt: „Olympia ist die einzige Plattform für Sportarten, die sonst nie gezeigt werden.“ Foto: dpa

Der Langstreckenläufer Arne Gabius kritisiert die Sportförderung in Deutschland und die Dominanz des Fußballs.

Stuttgart - Arne Gabius (35) ist Deutschlands bester Langstreckenläufer. Seit seinem Wechsel von der Bahn auf die Straße kann er von seinem Sport gut leben. Den meisten anderen deutschen Leichtathleten geht es schlechter. Gabius fordert deshalb eine viel stärkere staatliche Unterstützung für den olympischen Sport.

Herr Gabius, haben Sie diese Woche im Fernsehen die Champions-League-Spiele verfolgt?
Am Mittwochabend habe ich mir das Wolfsburg-Spiel gegen Real Madrid angeschaut. Die erste Hälfte fand ich richtig gut.
Sie sind Fußballfan?
Früher hatte ich eine Dauerkarte beim FC St. Pauli in der Nordkurve. Jetzt schaue ich nur noch Länderspiele oder Champions League. Alles andere ist mir zu viel. Man könnte ja fast rund um die Uhr Fußball gucken.
Die Leichtathletik hingegen ist in der Wahrnehmung zur Randsportart geworden.
Das stimmt. Der Fußball dominiert alles. Er ist ja auch ein tolles Produkt. Wenn ich Sponsor wäre, würde ich auch denken: das ist eine sichere Bank. Fußball kommt dauernd im Fernsehen, und wenn ein einzelner Spieler mal verletzt ist, geht es trotzdem weiter. In Individualsportarten ist das anders. Da gibt es Ausfälle. Und man kann auch nicht jede Woche einen Marathon laufen.
Interessiert sich wirklich niemand mehr für die Leichtathletik?
Doch. Als ich am Sonntag in Berlin den Halbmarathon gelaufen bin (Platz vier in 62:45 Minuten/Anm. d. Red.), standen 250 000 Zuschauer an der Strecke. Die Stimmung war super. Und ich erinnere mich noch gut an die riesige Begeisterung bei der Leichtathletik-WM 1993 in Stuttgart. Das ist ja auch noch keine Ewigkeit her. Deshalb glaube ich, dass die Fernsehpräsenz des Fußballs das wirkliche Bild verzerrt.
Woran liegt es dann, dass die Leichtathletik so selten übertragen wird?
Einerseits fällt es den Zuschauern immer schwerer, sich mit den Athleten zu identifizieren, sie überhaupt zu kennen. Auf der Langstrecke gab es früher immer das Duell zwischen Haile Gebrselassie und Paul Tergat, hinzu kamen Dieter Baumann und ein, zwei andere Europäer. Heutzutage ist nur noch von „den Kenianern“ die Rede. Andererseits müsste der Sport besser präsentiert werden.
Wie denn?
Es gibt schon einige neue Konzepte. Beim Meeting in Zürich hat man das Kugelstoßen im Hauptbahnhof veranstaltet. Der Stabhochsprung wird auch immer öfter zum Event in der Stadtmitte gemacht. Das sind richtige Ansätze, die man weiter forcieren muss. Wenn die Zuschauer nicht mehr ins Stadion kommen, muss die Leichtathletik zu den Zuschauern.