Stefan Kaufmann (rechts) vor dem Stadtleben-Büro von StZ und StN im Gespräch mit Lokalchef Holger Gayer. Die Harley daneben gehört weder dem einen noch dem anderen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Der CDU-Kreischef und Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann lässt kein gutes Haar am grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Er selbst glaubt, dass der Rückbau von Radwegen für bessere Luft sorgen kann.

Stuttgart - Die Kritik ist ungewöhnlich scharf – und vielleicht schon dem heraufziehenden Wahlkampf geschuldet. „In Stuttgart werden Themen aus ideologischen Gründen oder aus Bräsigkeit verschlafen“, sagt der Stuttgarter CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann über den grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Im Blick auf die hohen Luftschadstoffwerte beklagt er zudem die Verengung des Problems auf den Diesel. Obwohl aber selbst seine Parteifreunde aus Stadt und Land die Einführung der Blauen Plakette fordern, war Kaufmann nicht beim Bundesverkehrsminister vorstellig, um dafür zu werben. Seine Einschätzung: „Der Plan ist hoffnungslos.“ Helfen könnte aber unter anderem der Rückbau von Radwegen.

Herr Kaufmann, waren Sie inzwischen bei Verkehrsminister Alexander Dobrindt, um bei ihm für die Einführung der Blauen Plakette zu werben?
Nein, war ich nicht. Der Plan ist hoffnungslos. Der Bund wäre zuständig für die Blaue Plakette, aber es gibt keine Mehrheit dafür – weder in der CDU-Bundestagsfraktion noch unter den Landesverkehrsministern. Damit ist über die Sinnhaftigkeit des Vorstoßes alles gesagt. Abgesehen davon halte auch ich selbst die Blaue Plakette und die damit verbundenen Fahrverbote für manche Dieselfahrzeuge nicht für zielführend.
Damit begibt sich der Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Kaufmann nicht nur in Opposition zu den Grünen, sondern auch zu seinen Parteifreunden in der Landesregierung und in der Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion.
Das halte ich aus. Es mag zwar in Stuttgart und im Land eine politische Mehrheit für Fahrverbote geben, aber bei allen anderen Akteuren spüre ich eine breite Ablehnung. Viele Personen halten Fahrverbote für eine Gängelei gegenüber den Autofahrern, die weder sinnvoll noch verhältnismäßig ist. Ich sehe daher einen Konflikt zwischen denen, die hier in der Stadt leben, und denen, die politische Entscheidungen treffen.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat am Wochenende im Interview mit dieser Zeitung signalisiert, dass bei Fahrverboten das letzte Wort noch nicht gesprochen sei.
Ich glaube, der Ministerpräsident hat die Folgen dieses Schnellschusses insbesondere für unseren Wirtschaftsstandort nicht durchdacht und rudert zurück.
Die jüngste Umfrage sagt etwas anderes: Demnach sprechen sich 57 Prozent der Befragten in Baden-Württemberg für ein eingeschränktes Fahrverbot für manche Diesel an Feinstaubalarmtagen aus, 38 Prozent halten es für falsch.
Es ist müßig darüber zu diskutieren, was jemand, der auf dem Land lebt, von einem Fahrverbot in Stuttgart hält.
Auch in der Region Stuttgart sind noch 48 Prozent für ein eingeschränktes Fahrverbot und nur 45 Prozent dagegen.
Ich bin mir aber nicht sicher, ob alle befragten Stuttgarter wissen, dass nur sieben Prozent der Motoremissionen für den Feinstaub verantwortlich sind und dass es nicht etwa uralte Diesel betrifft, sondern auch wenige Jahre alte Fahrzeuge.
Bei den Stickoxiden ist der Anteil deutlich höher.
Stimmt. Aber insgesamt kommt der überwiegende Teil der Luftverschmutzung von anderen Quellen. Daher müssen wir die Probleme innovativ angehen. Dazu gehören eine intelligente Verkehrssteuerung oder technische Lösungen bei der Luftreinigung. Aber auch der Rückbau von Radwegen kann helfen.