Diese Foto wurde mit einer Wildkamera aufgezeichnet: Im Unterholz ist ein Mountainbiker unterwegs. Foto: privat

Fellbacher Jäger wehren sich gegen mögliche Pläne der Stadt, auf dem Kappelberg eine Strecke für Gelände-Mountainbiker anzulegen. Dies vertrage der Fellbacher Hausberg nicht, sagen Harry Fakner und Thomas von Künsberg-Sarre im Interview.

Fellbach - Auf dem Fellbacher Kappelberg ist vor allem an den Wochenenden gut was los. Zahlreiche Ausflügler und Erholungssuchende tummeln sich dort und genießen die Ruhe und die frische Luft. Auch die Mountainbiker sind dort unterwegs – leider aber nicht nur auf den ausgeschilderten Wegen. Vor wenigen Tagen wurde wieder ein Reh von einem solchen Querfeldein-Mountainbiker überfahren. Zwei Fellbacher Jäger äußern sich zur aktuellen Lage.

Herr Künsberg-Sarre, Herr Fakner, können Sie uns bitte erklären, was das Foto der Wildkamera zeigt.

Dies ist eine Art Lichtung tief im Gestrüpp oben auf dem Kappelberg. Dort haben wir eine sogenannte Kirrung für Wildschweine angelegt, auf der wir Maiskörner verbuddeln. Kirrungen werden dort angelegt, wo sich viel Wild tummelt, damit man auch Rehe, Dachse, Füchse, Marder oder Waschbären beobachten kann. Die Tiere können sich dort ungestört bewegen, zudem halten wir dadurch das Wild aus den Weinbergen fern.

Und was macht der Mountainbiker auf dieser Lichtung?

Unsere Wildkamera zeigt auf dieser aktuellen Aufnahme, dass sich Menschen unerlaubt mitten im Unterholz tummeln. Übrigens nicht nur Mountainbiker, sondern auch ganze Familien zu Fuß. Die Aufnahmen haben wir natürlich datenschutzkonform sofort gelöscht.

Können die nicht auf den Wegen bleiben, um die Natur und die Tiere zu schonen?

Genau das ist der Punkt. Vor allem die Mountainbiker benehmen sich, als gebe es keine Regeln. Da wird bei jeder Tages- und Nachtzeit durchs Unterholz gerast, ohne Rücksicht auf die Natur und die Tiere.

Das ist doch gefährlich für die Tiere!

Vor eineinhalb Jahren wurde in unserem Revier ein Reh von einem Radfahrer erfasst. Das Gleiche passierte vergangene Woche im Nachbarrevier. Eine Rehgeiß – also eine Rehmutter – lag abseits eines Weges mit gebrochenem Rückgrat: querschnittsgelähmt. Alle Spuren weisen darauf hin, dass sie von einem Mountainbiker überfahren wurde. Der Jäger musste das Tier von seinem Leid erlösen. Mindestens genauso schlimm ist aber, dass sie ein volles Euter hatte. Das heißt, ihre kleinen Bambis mussten elend auf dem Kappelberg verhungern, weil ein rücksichtsloser Radler ihre Mutter zu Tode gefahren hat.

Sind Sie sicher, dass es ein Radler war?

Die Spuren waren eindeutig. Und das Tier hat sich entweder selbst weitergeschleppt, oder derjenige, der es überfahren hat, hat noch versucht, es ins Unterholz zu ziehen und so seine Spuren zu beseitigen. Was ist das bloß für ein Mensch, der ein Tier halb tot fährt, um es dann auch noch einfach liegen zu lassen?

Dann sind Sie sicher auch kein Freund von den Plänen der Stuttgarter Mountainbiker, auf dem Kappelberg einen „Trail“, also eine Querfeldein-Route, anzulegen?

Nein, das sind wir absolut nicht! Auf dem Kappelberg sind die unterschiedlichsten Menschen unterwegs: Jogger, Wengerter, Spaziergänger, Hundebesitzer – die alle unter einen Hut zu bekommen, ist schon schwierig genug. Wenn nun noch Mountainbiker dazukommen, erlebt der Kappelberg seinen Super-GAU.

Haben Sie etwas gegen Mountainbiker?

Nein. Aber sie sollen tagsüber und auf den ausgewiesenen Strecken und unter Einhaltung der Zwei-Meter-Regel durch den Wald fahren und nicht durch den Lebensraum der Wildtiere rasen.

Wäre ein offizieller Trail nicht eine für alle akzeptable Lösung? OB Zull und BM Soltys sprachen ja neulich davon, die Mountainbiker aus der „Illegalität“ zu holen und nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen.

Eine „gemeinsame Lösung“ kann es aber definitiv nicht sein, einen solchen Trail zu bauen. Das wäre eine Katastrophe! Nehmen wir das Beispiel Degerloch: Dort waren nach der Eröffnung eines neuen Trails mehr als tausend Biker am ersten Wochenende unterwegs. Wie soll der Kappelberg das verkraften? All diese Menschen kommen dann zu Tausenden mit ihren Fahrradanhängern aus dem Stuttgarter Umland angefahren und rasen über den Berg. Das bekommen wir nicht mehr in den Griff! Ganz davon abgesehen bringen sie keinerlei Nutzen für die Stadt, schließlich konsumieren sie hier ja nichts.

Und wenn man die Biker kontrollieren würde?

Die Stadt hat doch heute schon nicht genügend Mitarbeiter beim Kommunalen Ordnungsdienst, die auf dem Berg die Verkehrsrowdys unter Kontrolle bekommen. Ständig spricht die Stadt davon, dass sie keine Kapazitäten und kein Geld mehr hat. Wie will sie dann noch die „Wild-Biker“ einbremsen?

Würde man den Bikern ihren Trail bauen, kämen womöglich noch andere Gruppen auf die Idee, sich dort oben auszutoben.

Vor ein oder zwei Jahren hat sich der Skater-Club Winnenden um eine Skaterstrecke auf dem Kappelberg bemüht. Skater können aber nur auf der asphaltierten Kaiserstraße bleiben und den Lebensraum der Wildtiere nicht weiter einschränken. Trotzdem wurde das von der Stadt rigoros abgeschmettert. Weshalb also will man jetzt mit den Mountainbikern „ins Gespräch kommen und eine gemeinsame Lösung finden“ und ihnen womöglich eine Strecke bauen? Das ist uns ein Rätsel.

Vielleicht bringt ja der Termin mit der Stadtverwaltung am 25. Juni Klarheit.

Wir sehen das ganz nüchtern und können nur hoffen, dass die Würfel nicht schon gefallen sind. Die Stadt hätte wohl gerne aus Prestige-Gründen einen Mountainbike-Trail, holt sich damit aber die völlig falsche Klientel auf den Kappelberg. Für uns Erholungssuchende und vor allem für die Tiere wird das eine Katastrophe.

Im Einsatz für die Regulierung des Wildbestandes