Der Polizeibeamte Markus Lorenz berichtet über Maßnahmen, die Schulwege sicherer machen sollen. Foto: Polizeipräsidium Reutlingen

Der Polizeibeamte Markus Lorenz ist im Bereich Verkehrsprävention tätig. Er weiß, welche Gefahren vor vielen Kindergärten und Schulen lauern. Eltern, die ihre Kinder bis vor die Tür fahren wollen, stellen ihm zufolge ein Problem dar.

Neuhausen - Szenen wie vor der Mozartschule in Neuhausen spielen sich täglich vor vielen Betreuungs- und Bildungseinrichtungen ab. Die Verkehrspolizei des Polizeipräsidiums Reutlingen weiß um die Gefahren, die auf Schulwegen lauern. Markus Lorenz von der Verkehrsprävention berichtet über die Erfahrungen der Ordnungshüter und deren Maßnahmen, um Schulwege sicherer zu machen.

Herr Lorenz, welche Fehlverhalten von Autofahrern bergen die größten Gefahrenpotenziale auf dem Schulweg oder direkt vor der Schule?
Die größten Gefahrenpotenziale liegen darin, dass der Vorrang von Fußgängern an Überwegen missachtet wird. Hinzu kommt oftmals eine nicht angepasste Geschwindigkeit gegenüber Kindern, obwohl die Straßenverkehrsordnung dies ausdrücklich fordert. Das Halten und insbesondere das Ausparken im Bereich von Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten bergen zusätzliche Gefahrenmomente. Besonders dann, wenn rückwärts gefahren werden muss. Kinder können aufgrund ihrer Körpergröße schnell übersehen werden.
Inwiefern helfen Parkverbote?
Halteverbote sollen unsere Kinder schützen, werden aber häufig missachtet. Oft werden auch Bushaltestellen zugestellt und die Kinder müssen auf der Fahrbahn aussteigen, was eine besondere Gefahrenquelle darstellt.
Welche Rolle spielen Eltern, die ihre Kinder bis vor den Eingang fahren wollen?
Probleme bereiten vor allem die sogenannten Elterntaxis, die direkt vor den Schuleingang fahren, um ihre Kinder dort aus- oder einsteigen zu lassen. Dabei wird überall angehalten und geparkt, wo gerade noch Platz ist. Egal, ob dadurch Fußwege versperrt oder auch Fußgängerüberwege oder gar Bushaltestellen zugestellt werden. Dieses rücksichtslose, egoistische Verhalten gefährdet nicht nur andere Kinder, sondern auch die eigenen. Ganz besonders dann, wenn zur Fahrbahn hin ein- oder ausgestiegen wird, oder wenn rückwärts gewendet wird, um wieder wegzufahren.
Wie ist es um die Einsicht der Eltern bestellt?
Auf ihr Fehlverhalten angesprochen, reagieren die Fahrerinnen und Fahrer eines Elterntaxis oft uneinsichtig. Viele Eltern oder gar Großeltern haben vermeintlich keine Zeit, um eine gefahrlose Parkmöglichkeit zu suchen, die im Einzelfall auch etwas abseits der Schule liegen kann und das sichere Ein- oder Aussteigen ihres Kindes gewährleisten würde.
Was empfiehlt die Polizei, um potenzielle Gefährdungen von Schülern zu vermeiden?
Eltern wollen immer das Beste für ihre Kinder. Mit den Elterntaxis schaden sie ihnen aber eher. Ganz abgesehen von der für die Kinder wichtigen Bewegung und vielen anderen positiven Aspekten, plädieren wir dafür, die Kinder überall, wo möglich, zu Fuß zur Schule gehen zu lassen. Nur dadurch entwickeln sie die erforderliche Kompetenz, um sich selbstständig und sicher im öffentlichen Verkehrsraum bewegen zu können. Durch anfängliche Begleitung und mehrfaches Training erlernen die Kinder den sicheren Schulweg.
Welche Präventionsmaßnahmen bietet die Polizei an?
Die Polizei bringt sich für die Sicherheit von Fußgängern auf dem Schulweg bereits bei Vorschülern in Kindergärten und bei Schulanfängern mit entsprechenden Lerngängen ein, bei denen zum Beispiel das richtige Verhalten beim Überqueren einer Straße eingeübt wird – teilweise auch mit der Verkehrspuppenbühne oder dem Mitmachtheater. In der vierten Klasse folgt darauf aufbauend die Schulung für verkehrssicheres Radfahren. Das primäre Ziel in der Verkehrsprävention ist aber nicht die ausschließliche Vermittlung von Wissen, sondern insbesondere das für Verkehrssicherheit erforderliche Verhalten. Deshalb werden ergänzend zu den theoretischen und praktischen Lerninhalten für die Kinder auch Informationsveranstaltungen für deren Eltern angeboten.
Welche Möglichkeiten hat die Polizei, um Schulwege sicherer zu machen?
Neben den genannten Präventionsaktivitäten überwacht die Polizei – verstärkt zu Schuljahresbeginn – markante Schulwege hinsichtlich eines korrekten Verhaltens der Schüler und sonstiger Verkehrsteilnehmer. Die Beamten haben dabei auch die nähere Umgebung der Schulen im Blick. Nicht selten unterstützen Kooperationen mit Verkehrswachten und anderen Institutionen öffentlichkeitswirksame lokale und regionale Aktionen.
Bringen Sie sich auch in der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen ein?
Im Rahmen der kommunalen Verkehrskommissionen werden Probleme auf Schulwegen erörtert. Die Polizei ist ein fester Bestandteil dieser Kommissionen und bringt sich mit ihrem Fachwissen ein. Schulen können zudem der Polizei ihre Schulwegpläne zur Bewertung vorlegen. Falls Verbesserungen von uns vorgeschlagen werden, werden diese in aller Regel von den Schulen angenommen. Werden der Polizei beispielsweise durch Eltern mögliche Gefahrenstellen mitgeteilt, werden die Örtlichkeiten gemeinsam mit den Verkehrsbehörden sehr zeitnah geprüft.
Fließen die Ursachen von Schulwegunfällen in die Überlegungen mit ein?
Soweit möglich, gleichen wir Schulwegunfälle mit den uns vorliegenden Schulwegplänen der Kommunen regelmäßig ab. Sollten Gefahren durch den Schulweg selbst erkennbar sein, gehen wir auf die Straßenverkehrsbehörden zu. Allerdings liegt nicht jeder Schulwegunfall tatsächlich auf einem von der Schule empfohlenen Schulweg.

Präventionsarbeit

Zur Person
Der 56-jährige Kriminalhauptkommissar Markus Lorenz ist seit 14 Jahren in der polizeilichen Prävention tätig. Zunächst arbeitete im Bereich der Kriminalprävention, seit 2015 für die Verkehrsprävention. Er ist bei dem für die Landkreise Esslingen, Reutlingen und Tübingen zuständigen Polizeipräsidium Reutlingen Referent in den elf Jugendverkehrsschulen.

Verkehrserziehung
Je nach Alter der Schüler vermittelt die Polizei den Kindern und Jugendlichen das richtige Verhalten als Fußgänger, Fahrradfahrer, Schulbusnutzer und später als motorisierte Verkehrsteilnehmer.