Der CDU-Außenpolitiker Elmar Brok warnt davor, sich nur auf US-Präsident Donald Trump zu konzentrieren. Foto:  

Elmar Brok (CDU), Außenpolitiker im Europaparlament, beobachtet eine massive Schwächung des Westens nach dem G7-Gipfel. Deswegen sei es sinnvoll, sich mit anderen Ländern in der Welt zusammen zu tun.

Brüssel - Das Verhältnis der Europäer zu den USA habe unter US-Präsident Donald Trump dramatisch gelitten. Andererseits würden aber andere Länder wie Kanada und Japan die Nähe der EU suchen, erläutert der CDU-Außenpolitiker Elmar Brok im Gespräch.

Herr Brok, wie bewerten Sie das transatlantische Verhältnis nach dem G7-Gipfel?
Das Verhältnis der Europäer zu den USA hat dramatisch gelitten. Wir sehen aber zugleich, dass andere wichtige Länder umso mehr die Nähe der EU suchen. Wir erleben, dass sowohl Kanada als auch Japan sich in eine engere Zusammenarbeit mit den Europäern bewegt haben. Dieser neue Schulterschluss in der G7-Landschaft wird im Übrigen auch von der US-Regierung so wahrgenommen. Unter dem Strich ist der Westen nach diesem Wochenende massiv geschwächt. Der Westen als Leitidee für eine weltweite Wirtschafts- und Sicherheitsarchitektur sowie gemeinsame Werte scheint am Ende zu sein.
Was folgt daraus?
Die Europäer müssen jetzt sehr schnell enger zusammen kommen. Sie müssen dahin kommen, dass sie international einen eigenen substantiellen Faktor auf allen wichtigen Politikfeldern darstellen. Nicht nur in der Wirtschafts- und Handelspolitik als auch in der Sicherheits- und Migrationspolitik. Dabei müssen wir uns mit anderen Ländern in der Welt zusammen tun. Deswegen ist es gut, wenn wir in diesen Wochen ein Partnerschafts- und Handelsabkommen mit Japan abschließen werden. Auch mit Australien, Neuseeland und den Südamerikanern kommen wir voran, um unser Verständnis vom freien Welthandel international abzusichern.
Wie soll es weiter gehen im transatlantischen Verhältnis?
Amerika ist eine Demokratie. Das ist der große Unterschied zu China und Russland. China und Russland stehen den Europäern deswegen jetzt ja auch nicht als alternative Partner zur Verfügung, wenn die USA unter Donald Trump ausfallen. Wir müssen uns in den USA jetzt verstärkt um andere Bündnispartner kümmern. Die USA bestehen ja nicht nur aus Trump. Wir sehen, dass seine Politik im amerikanischen Kongress und in vielen US-Bundesstaaten, auch in Teilen der Wirtschaft nicht gut angesehen ist. Diese Verbindungen müssen wir stärken, wir dürfen uns nicht allein auf Trump konzentrieren.
Im Augenblick hat man den Eindruck, dass Trump liefert, zumindest seinen Wählern gegenüber…
Es ist richtig, Trump liefert seinen engsten Sympathisanten und Wählern viel. Klar ist aber auch, dass er in den Umfragen nicht gut dasteht. Man muss die Kongresswahlen im November abwarten. Die entscheidende Frage ist: Werden die Demokraten dazu in der Lage sein, einen vernünftigen Kandidaten für die nächsten Präsidentschaftswahlen zu präsentieren? Davon werden maßgeblich die Chancen Trumps auf eine zweite Amtszeit abhängen.
Am Wochenende hat der französische Präsident Emmanuel Macron auf Twitter US-Präsident Donald Trump frontal angegriffen. Ist das hilfreich, wenn sich andere auf das Trump-Niveau begeben?
Die Twitterei in der internationalen Politik missfällt mir zunehmend. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Kurznachrichtendienst nicht zum Verständigungsmodell zwischen Politikern werden darf. Die kurzen Twitter-Nachrichten verursachen regelmäßig hohe Aufregung und Aufmerksamkeit in den Medien. Eine Twitter-Politik von Staats- und Regierungschefs halte ich für unverantwortlich.
Frankreich schlägt Deutschland einen Deal vor. Berlin soll Macrons Ideen für eine Reform der Euro-Zone unterstützen, Paris wird dann Berlin bei den Zöllen auf Autos und andere Industriegüter unterstützen. Was halten Sie davon?
Ich sehe keinen zwingenden Grund, warum man beide Politikfelder miteinander verknüpfen sollte. Beim Freihandel hat sich die EU mit den anderen Partner im G7-Format auf eine Position geeinigt. Das ist ja auch im Interesse des französischen Staatspräsidenten. Bei der Reform der Wirtschafts- und Währungsunion will und wird Deutschland mit Macron zusammen arbeiten. Wir alle wissen, dass Reformen fällig sind. Klar ist aber auch, dass wir am Ende nicht eine punktgenaue Umsetzung von Macrons Vorstellungen bekommen werden, sondern dass am Ende ein Kompromiss stehen wird. Ich setze darauf, dass der EU-Gipfel Ende Juni hier zu klaren Beschlüssen kommt und so die EU Stärke und Einheit EU demonstriert.
    
Stichwort Italien: Kaum im Amt begibt sich die italienische Regierung schon auf Konfrontationskurs. Man sieht es in der Migrationspolitik, wo Italien die Aufnahme von Migranten blockiert, und im Verhältnis zu Moskau, wo Rom ausschert und wie Trump eine Rückkehr Putins ins G8-Format begrüßen würde. Macht Ihnen dies Sorgen?
In der Migrationspolitik gibt es ja auch Änderungsbedarf für die EU. Wir müssen dafür sorgen, dass sich Italien bei dieser Frage nicht allein gelassen fühlt. Auch hier erwarte ich, dass der nächste Gipfel Fortschritte beim Asylrecht und beim Schutz der Außengrenze bringt. In der Handelspolitik verfolgen alle EU-Länder die gleichen Interessen, da gibt es keine Meinungsverschiedenheiten zwischen Rom und Brüssel. Und was Russland angeht: Sich an Moskau in der Zukunft stärker zu orientieren halte ich angesichts der überschaubaren wirtschaftlichen Bedeutung des Landes und seiner politischen Positionen für wenig sinnvoll.