„Leider konnten sich weder Bezirksbeirat noch Gemeinderat durchringen, den zentralen Bereich an der Kreuzung Grazer Straße baulich aufzuwerten“, sagt die Feuerbacher Bezirksvorsteherin Andrea Klöber Foto: Georg Friedel

Die Feuerbacher Bezirksvorsteherin Andrea Klöber nimmt in dem Interview zu den wichtigen Themen des Jahres 2015 Stellung. Gleichzeitig wirft sie einen Blick auf zukünftige Projekte – wie zum Beispiel die Bebauung des Schoch-Areals.

Feuerbach - Der geplante Schul-Campus, die neuen Wohngebiete im Stadtbezirk, das hohe Verkehrsaufkommen und die Flüchtlingsarbeit – die meisten Themen des vergangenen Jahres werden Andrea Klöber auch 2016 beschäftigen.
Frau Klöber, das war ein anstrengendes Jahr. Was machen Sie als Ausgleich?
Ich gehe einmal pro Woche Schwimmen und zwei- bis dreimal Joggen.
Wie gelingt es ihnen, sich diese Zeit im Alltag zu nehmen?
Ich stehe früher auf. Normalerweise laufe ich etwa fünfeinhalb Kilometer, heute waren es nur vier. Es war kuhnacht und neblig: Die Temperatur lag bei Minus 3 Grad, das härtet ab.
Sind Sie bei Dunkelheit und Nebel ganz allein unterwegs?
Nein, mein Nachbar, der auch joggt, hat mich vor einiger Zeit angesprochen und gefragt, ob er mich bei meinen Läufen begleiten dürfte. Seitdem laufen wir regelmäßig zusammen.
Vor Weihnachten sind auf dem früheren Hahn-und-Kolb-Gelände die ersten Flüchtlinge in ein Bürogebäude gezogen. Gibt es eine Begrüßungsfeier?
Ja, allerdings werden wir erst dann, wenn auch in den zweiten Systembau an der Bubenhaldenstraße Flüchtlinge eingezogen sind, einen Empfang organisieren. Dieser findet vermutlich schon im Januar im Bezirksrathaus Feuerbach statt. Mit der Hausleitung und den Betreuern im Hahn-und-Kolb-Gebäude werde ich mich Anfang kommenden Jahres abstimmen, wo, wann und in welcher Form wir eine Willkommensfeier organisieren werden.
Der Freundeskreis Flüchtlinge Feuerbach (FFF) ist momentan gut aufgestellt. Angesichts der anstehenden Aufgaben und Flüchtlingszahlen muss aber noch mehr Unterstützung für den FFF kommen, oder?
Die jetzige Zahl der Helfer reicht sicherlich nicht aus, um die Betreuung von weiteren 700 Flüchtlingen zu stemmen. Wenn man so vielen Menschen, die zu uns kommen, die ersten Schritte erleichtern will, braucht es persönliche Zuwendung, Empathie und viel Einsatz. Der FFF leistet Vorbildliches, darüber bin ich sehr glücklich. Das ist eine richtig professionelle Hilfe und Betreuung.
Feuerbach verändert sich auch in anderer Hinsicht: Neue Wohngebiete entstehen bereits am Reißbrett. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Ich freue mich, dass Feuerbach wächst. Dies zeigt ja auch, dass wir hier einen attraktiven Wohnstandort haben.
Aber Wachstum ist nicht alles, es geht auch um Qualität.
Die Qualität der neuen Quartiere wird sich auch darin zeigen, ob sie gut an die Ortsmitte angebunden werden. Der Prototyp für eine gelungene Entwicklung ist für mich der Feuerbacher Balkon. Dort hat sich ein reges Miteinander entwickelt und eine gute Vernetzung mit dem Stadtbezirk.
Dieses Modell wird auf die City-Prag nicht so einfach zu übertragen sein.
Das Gebiet befindet sich am Rande des Stadtbezirkes, es ist aber gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln an Feuerbach angebunden. In welche Richtung sich die Bewohner orientieren, wird sich zeigen.
Große Erwartungen werden auch an die städtebauliche Entwicklung des ehemaligen Schoch-Geländes geknüpft.
Dort wurden im Rahmen der Bürgerbeteiligung Leitlinien erarbeitet. Einer der Wünsche war, dass es eine kleinteilige Gliederung der Außenfassade gibt und keine große, gleichförmige Bebauung. Schön wäre es aus meiner Sicht, wenn man dort etwas ökologisch Vorzeigbares und Sichtbares schaffen würde – wie hängende Gärten oder begrünte Fassaden.
Die Dichte und Höhe der Bebauung auf dem benachbarten Krempel-Areal haben ja einige Anwohner kritisiert.
Das stimmt, aber die Höhe und Kubatur der Gebäude entspricht dem, was laut dem Bebauungsplan zulässig ist. Es gibt sicherlich verschiedene Auffassung über gelungene Stadtarchitektur, aber wir wollen als Stadt möglichst viel Wohnraum schaffen, und zwar nicht nur in Form von Einfamilien- und Reihenhäusern.
Das Thema Autoverkehr beschäftigt die Feuerbacher seit Jahrzehnten. Muss das Verkehrskonzept überarbeitet werden?
Ich bin da im Zwiespalt. Zum einen geht es bei solchen Diskussionen darum, einzelne Probleme schnell durch entsprechende Maßnahmen zu verbessern. Wichtig ist, die Bürger dabei einzubinden. Aber andererseits haben wir für Feuerbach mit der Verlegung der B 295 bereits ein Verkehrskonzept entwickelt. Das wird auch umgesetzt. Es ist aber nicht damit zu rechnen, dass der Verkehr dadurch weniger wird. Wir produzieren halt alle diesen Verkehr.
Wie halten Sie es mit dem Autofahren?
Ich benutze höchst selten das eigene Auto, besitze aber eines. Im Sommer fahre ich im Stadtbezirk oft mit dem Rad, ansonsten bin ich auch viel zu Fuß unterwegs. Um zu offiziellen Terminen zukommen, nehme ich auch die Stadtbahn.
Der Zeitplan für die Umsetzung der Schulcampus-Pläne ist ins Stocken geraten.
Diesen Eindruck habe ich auch. Eigentlich hätte dieses Jahr ein Architekturwettbewerb für den Schul-campus stattfinden sollen, diesen gab es aber nicht. Die Planungsmittel sind bewilligt, aber ich weiß nicht, in welchem Stadium diese Planungen konkret stecken.
Was geschieht mit dem Jugendtreff Camp Feuerbach? Wird dort saniert oder neu gebaut?
Die Jugendhausgesellschaft und weitere Entscheidungsträger tun sich offensichtlich schwer, eine Entscheidung zu treffen. Das wundert mich, ehrlich gesagt, schon. Denn ganz in der Nähe des Jugendtreffs haben wir bald drei neue Systembauten mit Flüchtlingen. Aus meiner Sicht müsste das Camp eine zentrale Rolle als Stätte der Begegnung vor allem für Jugendliche spielen. Die Camp-Mitarbeiter wollen sich auch einbringen. Dort müsste baulich dringend etwas passieren, zumindest müsste der alte Zustand wieder hergestellt werden.
Welche Themen stehen im Jahr 2016 auf der lokalen Agenda?
Die große Herausforderung wird sein, die neu ankommenden Bürger aus den Kriegsgebieten dieser Welt in das gute Miteinander im Stadtbezirk einzubeziehen. Wir müssen auch schauen, dass der Stadtbezirk so attraktiv bleibt, wie er derzeit noch ist, Stillstand ist ein Rückschritt, kann man da nur sagen. Dabei steht vor allem der Ortskern mit dem Einzelhandelsangebot im Fokus. Leider konnten sich weder Bezirksbeirat noch Gemeinderat dazu durchringen, den zentralen Bereich der Stuttgarter Straße an der Kreuzung Grazer Straße baulich aufzuwerten – erste Pläne dazu lagen bereits vor. Bevor wir den Schritt ins nächste Jahr gehen, wünsche ich allen Feuerbacherinnen und Feuerbachern ein gesundes, glückliches und friedliches neues Jahr.