Er hätte sich von Löw ein zeitnahes Machtwort und Bekenntnis zu ihm als Käpitän gewünscht.

Köln/Leverkusen - Michael Ballack ist nach einem „Seuchenhalbjahr“ wieder auf Angriffskurs und hat die Kritik an Bundestrainer Joachim Löw und Philipp Lahm erneuert. Im Interview des Kölner „Express“ monierte der 34 Jahre alte Fußball-Profi von Bayer Leverkusen den Umgang mit ihm in der aufgeheizten Debatte um seine Rolle in der Nationalelf.

„Diese Sache hatte etwas mit Respekt gegenüber dem Kapitän zu tun“, sagte Ballack über Lahm, der ihn bei der WM in Südafrika als Spielführer vertreten und danach seinen dauerhaften Anspruch auf das Kapitänsamt im DFB-Team formuliert hatte.

„Ich habe da eine klare Meinung. Die Frage öffentlich und zu diesem Zeitpunkt zu thematisieren war falsch“, betonte Ballack, der sich zuvor ein Vier-Augen-Gespräch mit dem Münchner gewünscht hätte. „Denn das hätte bei mir persönlich einen anderen Eindruck hinterlassen. Aber so steht das in einem ganz anderen Licht. Und so wird das auch bleiben“, äußerte sich Ballack unversöhnlich. „So etwas macht man nicht. Aber wir sind Profis. So etwas sollte nicht ewig eine Rolle spielen.“

Von Löw hätte er sich mehr erwartet

Von Löw hätte er sich ein zeitnahes Machtwort und Bekenntnis zu ihm als Käpitän gewünscht. „Wenn er das drei Monate früher gemacht hätte, wären uns Beteiligten unnötige Diskussionen erspart geblieben. Ich war verletzt, ich konnte nichts ausrichten. Aber es freut mich, dass der Bundestrainer im Nachhinein klar Stellung bezogen hat“, sagte der Leverkusener, der die WM wegen eines Syndesmoserisses verpasst hatte.

Nach seinem Bundesliga-Comeback erlitt Ballack am 12. September bei Hannover 96 eine Fraktur im Schienbeinkopf. „Das war ein Moment, der für mich als Sportler sehr heftig war“, gestand Ballack, der aber trotz des „Seuchenhalbjahres“ nie an ein Karriereende dachte. Am vergangenen Sonntag kehrte der Profi ins Training zurück, kann aber noch nicht alle Übungen mitmachen. Am 3. Januar will er mit den Bayer-Kollegen dann „ganz normal ins Mannschaftstraining einsteigen“: „Ich bin wieder gesund und kann das tun, was ich liebe.“

Gleichzeitig lobte Ballack die positive Entwicklung von Bastian Schweinsteiger, dem er nicht nur bei Bayern München, sondern auch in der DFB-Elf die Führungsrolle über einen langen Zeitraum zutraut. Er sieht ihn als seinen legitimen Nachfolger. „Dazu ist er geradezu prädestiniert. Er hat Präsenz, denkt strategisch. Er kann im Mittelfeld defensiv und offensiv spielen und ist torgefährlich“, lobte Ballack. „Wenn man ein Ausnahmespieler werden will, braucht man eine starke Persönlichkeit. Das hat man bei ihm bei der WM gesehen. Da hat er eine ungeheure Dominanz gezeigt.“

Ballack strebt eine Rückkehr in die Nationalelf an. Die Frage, ob er das DFB-Team bei der EM 2012 als Kapitän anführe, beantwortete er mit einer Mischung aus Skepsis und Optimismus. „Fußball ist kein Wunschkonzert. Ich habe schon gesehen, dass die Mannschaft auch ohne mich guten Fußball spielt. Auch nach mir geht der Fußball weiter“, sagte Ballack, gab sich aber kämpferisch: „Ich will noch einmal dabei sein, wenn ich die Leistung bringe und das Niveau, das man braucht, um in der absoluten Spitze zu spielen.“