Ein interreligiöser Spaziergang hat in die Kirche St. Georg und in die Moschee geführt. Ein Blick hinter die Kulissen der Häuser und des Glaubens.
S-Nord - Hell ist die Kirche, das fällt als erstes auf. Groß und modern dazu, der Altar und der Taufstein sind aus Beton. An der Wand hinter dem Altar ist ein großes Mosaik in bunten Farben von Josef Eberz angebracht. Die rechte Wand zeigt Gemälde mit Szenen aus dem Leben Jesu. So hell sah die Kirche der katholischen Gemeinde St. Georg in der Heilbronner Straße nicht immer aus. „In den Sechzigern waren die Wände grau, die Decke dunkelbraun, der Boden schwarz“, sagt Ursula von Bradke. Dann hat sich der Architekt Hugo Schlösser des Gebäudes angenommen und es komplett umgestaltet, auch die Inneneinrichtung folgt streng seinem Raumkonzept. Ursula von Bradke ist Kirchenführerin und Mitglied in der Gemeinde St. Georg.
Im Rahmen eines interreligiösen Spaziergangs hat sie eine Gruppe von knapp dreißig Menschen durch die Kirche geführt und aus deren Geschichte erzählt. Davon, dass das Gotteshaus ursprünglich als kleine hölzerne Kapelle auf der Prag stand, bis sie unten für die wachsende Anzahl an Gemeindemitgliedern gebaut wurde. Davon, wie die Kommunisten gegen den Bau wetterten, weil es Vermutungen gab, am Bau dürften nur Katholiken mitwirken – „Werde Katholik oder hungre!“ propagierten die Gegner. Sie erzählte vom Lob Adolf Hitlers, der von der „schönsten Kirche des Landes“ sprach, und davon, wie sie im Jahr 1944 von Sprengbomben getroffen wurde.
Nicht nur Gebetsraum auch Treffpunkt
Der interreligiöse Spaziergang, der nicht nur in die katholische Kirche St. Georg, sondern auch in die nahe gelegene Moschee führt, ist Teil einer Reihe. Zweimal im Halbjahr organisieren Miriam Fischer, Bildungsreferentin des Evangelischen Bildungswerks, und Bianca Kuon, Bildungsreferentin des Katholischen Bildungswerks, die Spaziergänge zu den Häusern von jeweils zwei Religionen.
Nach dem Besuch in St. Georg, wo nicht nur über das Haus, sondern auch über den Glauben und über die Ökumene gesprochen wurde, geht es weiter in die Moschee. Außen deutet nichts auf das, was sich im Inneren befindet. Gebetet wird in einem stillgelegten Fabrikgebäude, das unter Denkmalschutz steht. Gleich nach dem Betreten desselben müssen die Spaziergänger erstmal ihre Schuhe ausziehen. Anschließend führt sie Yavuz Kazanc in einen imposanten Saal, mit großen Teppichen, die den Boden bedecken. Nach kurzer Einführung geht es in den Gebetsraum für Männer, nebenan befindet sich der für Frauen. Die räumliche Trennung liege am körperbetonten Gebet, erklärt Kazanc. Weiter erläutert er den Ablauf des Gebets und die Kalligrafien, die an den Wänden angebracht sind – es sind die Namen der Kalifen sowie Allah, Mohammed und die Namen der Nachkommen der Propheten. Am besten frequentiert sei der Gebetsraum freitags. „Das Freitagsgebet wird auch in deutscher Sprache gesprochen“, erklärt Kazanc. Die Moschee sei aber nicht nur zum Beten da, sondern auch ein Treffpunkt der Muslime. Tatsächlich sitzen nebenan im Gebetsraum der Frauen Mütter mit ihren Kindern, die spielen oder Hausaufgaben machen.