Die Bedrohung durch Internet-Attacken wächst. Deshalb ist es richtig, dass die Bundeswehr eine eigene Streitmacht dagegen aufbaut – auch mit der Fähigkeit zum Gegenangriff, kommentiert Chefredakteur Christoph Reisinger.
Stuttgart - Auf beklemmende Weise verdichten sich die Hinweise auf die Größe der Gefahr. Das erklärt die Wucht und die berechtigte Wut, mit der sich Großbritannien, die Niederlande und die USA über mal besser mal schlechter belegte Angriffe russischer Hacker mit Regierungsauftrag beklagen. Das Ausmaß der Bedrohung aus dem Internet erklärt auch das Tempo, in dem sich Nato und EU diese Klagen zu eigen gemacht haben.
Nirgendwo lässt sich die Urheberschaft feindseliger Aktivität leichter verschleiern, nirgendwo die Intensität von Feindseligkeit feiner dosieren als im Internet. Russland gehört zu den Ländern, die sich das konsequent zu Nutze machen. Zwar mögen einige der Angriffe seit der Quasi-Blockade des Internets in Estland 2007 vorschnell staatlicher russischer Initiative zugeordnet worden sein. Aber Russlands Handlungsmuster ist inzwischen so eindeutig wie erschreckend. Es fügt sich ein in die Strategie, Nato- oder EU-Staaten zu schwächen, ohne es zum offenen Konflikt kommen zu lassen. Die häufigen Flüge russischer Kampfjets unmittelbar an die Luftraum-Grenzen baltischer Nachbarn oder die Einmischung in den Präsidentenwahlkampf in den USA entspringen genau derselben Strategie.
Auch Kriminelle können Strategie umsetzen
Das Schlimmste ist: Nicht nur ein mächtiger Staat wie Russland kann eine solche Strategie umsetzen. Das werden zunehmend auch Schwächere oder Kriminelle schaffen. Alle wissen: Ein erfolgreicher Schlag gegen die Rechner-Infrastruktur der Stromversorgung oder der Rentenverwaltung würde Deutschland extrem hart treffen – bei minimalem Risiko für den Angreifer. Deshalb ist es richtig, dass die Bundeswehr gegen diese Form der Bedrohung eine eigene Streitmacht aufbaut – die Fähigkeit zum Gegenangriff inklusive.
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