Sie habe von dem Fest auf dem Bauhof nichts gewusst, sagt Ursula Keck. Die Stadt habe die Mitarbeiter eingeladen. Foto: Andreas Essig/essigfoto.de

Nach dem Wirbel um Zeitungsanzeigen zum Abschied der scheidenden Oberbürgermeisterin, wirft jetzt auch eine Feier auf dem Gelände des Bauhofs Fragen auf. Ursula Keck wehrt sich, doch es könnten Konsequenzen folgen.

Auf dem Bauhof der Stadt gab es an ihrem 60. Geburtstag ein Fest, die Kosten trug die Stadt Kornwestheim. Zuvor wurde bekannt, dass Zeitungsanzeigen, in denen frühere Wegbegleiter Ursula Keck zum Ende ihrer Amtszeit gratulieren, aus der Stadtkasse gezahlt wurden. Verwaltungsexperten sehen ein Fehlverhalten, Keck wehrt sich. Die wichtigsten Erkenntnisse.

 

Fest zu Kecks Ehren Eine Feier zu Ursula Kecks Ehren fand am 3. August, ihrem 60. Geburtstag statt. Laut mehreren Quellen aus dem Rathaus und dem Gemeinderat hatte die Verwaltungsspitze die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf den Bauhof eingeladen. Das Fest soll eine Abschiedsfeier gewesen sein. Ob die Jubilarin in die Organisation involviert war, oder ob es eine Überraschung für die scheidende Chefin war – dazu gibt es verschiedene Aussagen.

Keck widerspricht Auf Nachfrage unserer Zeitung versichert Ursula Keck: „Es gab keine Geburtstagsfeier.“ Die Stadt habe die Belegschaft für einen Abschied auf den Bauhof eingeladen. Das Fest sei zufällig auf ihren Geburtstag terminiert worden, der gleichzeitig auch ihr letzter aktiver Arbeitstag gewesen sei. „Das Rechnungsprüfungsamt hat das geprüft und für korrekt befunden.“ Sie habe sich über die Möglichkeit gefreut, sich von ihrem Team verabschieden zu können. Und selbst wenn es eine Geburtstagsfeier gewesen wäre, würde einem Kornwestheimer OB das zustehen, so Keck. Wo dieses Privileg festgehalten ist, konnte die 60-Jährige nicht sagen. Stattdessen verweist sie aufs Rathaus. Doch dort schweigt man mit Hinweis auf das laufende Verfahren.

Große Hürde in der Gemeindeordnung Sind die Zeitungsanzeigen und das Fest üblich? Sind sie ein moralischer Fehltritt oder gar Verstöße gegen die Vorgaben des Verwaltungsrechts? Grundsätzlich verfügt ein Bürgermeister auch über finanzielle Mittel, die außerhalb des Haushaltsplans und ohne Einwilligung des Gemeinderats eingesetzt werden dürfen. Das hilft der Stadt, flexibel zu bleiben. Unter Paragraf 84 der Gemeindeordnung steht jedoch, dass diese außerordentlichen Ausgaben – in Kornwestheim sind es 25 000 Euro – nur zulässig sind, wenn ein „dringendes Bedürfnis“ besteht. Und auch wenn die Kosten über einen Haushaltsposten bezahlt wurden, gelten Regeln. Eine Stadt muss bei Ausgaben nämlich immer die „Erfüllung ihrer Aufgaben“ sicherstellen. Zudem gilt laut Paragraf 77 zu jeder Zeit Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.

Ursula Keck wehrt sich gegen die Vorwürfe. Foto: Simon Granville

Experten: Ausgaben sind mindestens grenzwertig „Egal ob außerplanmäßige Ausgabe oder im Rahmen des Haushaltsplanes, die Anzeigen und das Fest sind nicht in Ordnung“, so Arne Pautsch, Professor an der Ludwigsburger Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen. Bei den Anzeigen sehe er keinen Bezug zur Stadt, sondern zu einer Person. Auch bei den Festlichkeiten müsste es einen Bezug zu den Aufgaben der Stadt geben, das sei bei einem Fest zu Ehren einer Person aber nicht so. Ähnlich bewertet es ein befragter Anwalt des Verwaltungsrechts. Eine offizielle Abschiedsfeier wäre anders zu bewerten gewesen, sagt Pautsch – der Anschein einer Geburtstagsfeier mache den Sachverhalt aber wiederum problematisch: „Da hätte man die Finger davon lassen sollen.“

Bürgermeister: Vorgehen fragwürdig Das vermutliche Vorgehen rund um Kecks Abschied stößt bei Bürgermeistern im Kreis auf Unverständnis. Der Tenor: Feiern zum Geburtstag und zum Abschied von der Belegschaft sind privat und müssen deswegen auch selbst bezahlt werden. Auf jeden Fall sollten aber die Gemeinderäte einbezogen werden. Möglicherweise könnte es auch Rückforderungen durch das Regierungspräsidium geben. Moralisch verwerflich seien die Ausgaben aber allemal.

Kein Einzelfall Ursula Keck ist nicht die erste Bürgermeisterin, der ein Fest bezahlt wird. 2018 organisierte etwa die Gemeinde Erdmannhausen ein Fest zum 75. Geburtstag des ehemaligen Bürgermeisters und Ehrenbürgers Siegfried Menner. Auch hier wurde der Gemeinderat im Vorfeld nicht befragt, auch hier gab es vereinzelt Kritik.

Stadträte verärgert, aber zurückhaltend Die Stadträte wurden weder über die Anzeigenkampagne noch über das Fest im Vorfeld informiert. Anders habe er das von Ursula Keck auch nicht erwartet, kritisiert Klaus-Dieter Holzscheiter (Freie Wähler). In der Verwaltung habe es gebrodelt. Dass sich eine Mitarbeiterin nun anonym beschwert, wundere ihn nicht. „Ich hätte schon gerne Kenntnis über das Fest gehabt“, sagt Ender Engin, FDP-Fraktionsvorsitzender. Ein Fest für die Mitarbeiter hätte er natürlich befürwortet, ein Fest am Geburtstag der scheidenden OB hätte man sich aber sparen können. Nichtsdestotrotz warnen Engin und andere Räte. „Wir können die Situation gerade noch nicht einschätzen“, sagt etwa Silvia Stier, stellvertretende Vorsitzende der CDU. Die Sache sei jedenfalls nicht glücklich verlaufen, „persönlich finde ich, dass man mit Steuergeld sehr vorsichtig umgehen sollte“.

Vorgeschichte und offene Fragen Eine angebliche Mitarbeiterin der Kornwestheimer Verwaltung wirft der ehemaligen OB vor, städtisches Geld für persönliche Zwecke genutzt zu haben. Zum einen soll sie trotz Warnungen des Rechnungsprüfungsamtes Anzeigen im Wert von 15 000 Euro zu ihrem Abschied schalten lassen haben. Außerdem soll es eben besagtes Fest gegeben haben. Nach wie vor unklar ist, ob Keck Warnungen des Rechnungsprüfungsamtes ignoriert hat. Zudem ist nicht klar, ob die Beigeordneten der Stadt ihre Unterstützung für die Zeitungsanzeigen untersagt haben. Dafür spricht, dass weder Daniel Güthler noch Martina Koch-Haßdenteufel als Gratulanten auftauchen. Drittens ist nicht endgültig geklärt, ob das Fest auf dem Bauhof ein Abschieds- oder Geburtstagsfest war.