Der Deutsche Tierschutzbund warnt vor einer“Katzenschwemme“ in den bereits überfüllten Tierheimen. Grund seien unkastrierte Freigängerkatzen aus Privathaushalten und Straßenkatzen, die sich ohne Kontrolle fortpflanzen würden. Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

In der Sommerzeit kommen viele Heime an ihre Grenzen. Trotzdem werden Menschen abgewiesen, die ein Wunschtier adoptieren wollen. Tierheime nennen dafür mehrere Gründe.

Zwischen Spielzeug und Decken kuscheln sich fünf Katzenbabys in einem Gehege an ihre Mama und trinken um die Wette. Die Katze wurde trächtig im Berliner Tierheim abgegeben. Mit ihrem Nachwuchs lebt sie in einem der vier Katzenhäuser des Heims.

In dem nach eigenen Angaben größten Tierheim Europas sind mehr als 1500 Schützlinge untergebracht, darunter Hunde, Kaninchen, Schildkröten und Vögel. Gegen eine Vermittlungsgebühr können die heimatlosen Tiere adoptiert werden.

Warum werden Interessenten abgewiesen?

Auf Social Media gibt es immer wieder Kritik an der Tiervermittlung in Heimen: Ein TikTok-User beschwert sich in einem Video: „Wollt ihr die Tiere vermitteln oder wollt ihr eigentlich nur allen sagen, dass es total schwer ist mit einem Tier?“ Der Mann hatte bei einem Tierheimbesuch in Berlin nach eigenen Angaben keine Katze mitnehmen dürfen.

In anderen Beiträgen heißt es, die Heime setzten eine große Wohnung, einen Garten und am besten Zeit und Geld für gleich zwei Tiere voraus. „Die Anforderungen sind echt krass“, schreibt eine Nutzerin.

Der Tierschutzbund erneuert deshalb seine Forderung nach einer bundesweiten Kastrationspflicht für Freigängerkatzen. Foto: dpa/Uwe Anspach
Nach Angaben von Tierschutzverbänden gibt schätzungsweise zwei Millionen herrenlose Katzen in Deutschland, die früher einmal Hauskatzen waren oder deren Nachkommen sind. Foto: dpa/Paul Zinken

Nicht jeder ist als Tierhalter geeignet

Die Vorurteile, dass Heime ihre Tiere nicht vermitteln wollten, hätten viele – und sie seien auch nicht neu, sagt die Berliner Tierheimleiterin Mareen Esmeier. Die Vermittlungszahlen zeichneten ein anderes Bild: So bleibe eine gesunde Katze in der Regel nur zwei bis drei Wochen in dem Berliner Heim.

Zum Saisonhöhepunkt im Sommer, wenn die Einrichtung etwa 600 Katzen beherberge, vermittele das Heim pro Woche mindestens 50 bis 80 Katzen, im Jahr seien es zwischen 2000 und 3000.

Generell ist die Kastration von frei laufenden Hauskatzen bundesweit verpflichtend. 2013 wurde das Tierschutzgesetz um den Paragrafen 13b, die sogenannte Verordnungsermächtigung für die Landesregierungen, ergänzt. Foto: dpa/Sebastian Gollnow
Baden-Württemberg hatte 2013 als erstes Bundesland eine Kastrationspflicht beschlossen. Es folgten weitere Länder wie Bayern, Hessen und Sachsen-Anhalt. Foto: dpa/Sina Schuldt

Warum gibt es also Unmut bei manchen abgelehnten Interessenten? Einige hätten unrealistische Vorstellungen über den zeitlichen oder finanziellen Aufwand der Tierhaltung. Andere seien „definitiv ungeeignet“, betont Heimleiterin Esmeier. So seien etwa viele Hunde im Berliner Heim sogenannte Systemsprenger, die wegen schwieriger Hintergründe besondere Ansprüche an den zukünftigen Besitzer hätten.

„Es muss kein Tier gerettet werden“

Viele seien überzeugt, dass es den Tieren in den Heimen schlecht ergehe, erklärt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Das verzerrte Bild, Tierheime müssten „froh sein können“, wenn Interessenten einen Hund oder eine Katze aufnehmen, sei nicht richtig. „Aus einem deutschen Tierheim muss kein Tier ‚gerettet‘ werden.“

Dass Heime überfüllt sind, liege auch an den Interessenten. So seien „unproblematische“, junge und dem Menschen zugewandte Tiere besonders beliebt, so Lea Schmitz. In solchen Fällen könnten Heime die beste Lösung für das Tier wählen. Schwieriger sei es bei alten, kranken oder verhaltensauffälligen Tieren, die oft lange im Heimen blieben und Plätze blockierten. Für sie gebe es oft gar keine Interessenten.

Allerdings kann jede Kommune im Südwesten selbst entscheiden, ob sie einen solchen Schritt für notwendig erachtet oder nicht. Foto: dpa/Christoph Schmidt
Bisher nutzen diese Kastrationspflicht laut Landestierschutzbund im Südwesten mehr als 30 kleine Gemeinden von Aidlingen (Kreis Böblingen) bis Wurmberg (Enzkreis). Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Online-Verkauf ist „riesengroßes Geschäft“

Klappt es nicht im Heim, besteht die Gefahr, dass Interessenten sich ein Tier über das Internet besorgen. Laut der Tierschutzorganisation Peta sei der Verkauf und Handel von Tieren über Online-Portale ein „riesengroßes Geschäft“. „Monatlich finden sich allein auf den 5 größten Onlineplattformen 20 000 Welpen, die zum Kauf angeboten werden“, berichtet eine Fachreferentin von Peta.

Lea Schmitz vom Tierschutzbund zufolge geht es den Verkäufern in der Regel nur darum gehe, Profit zu machen. Es werde auch nicht geprüft, ob Mensch und Tier zueinanderpassen. Die Folge: Viele dieser Anschaffungen landeten am Ende in Heimen. „Genau deshalb, will man ein solches Vorgehen – sprich: unkompliziert und schnell – im Tierheim explizit nicht.“