Protestschild gegen Rassismus Foto: dpa/Uli Deck

Die Internationalen Wochen gegen Rassismus finden in diesem Jahr aufgrund der Coronapandemie rein virtuell statt. In Stuttgart beteiligen sich mehr als 50 Kooperationspartner am Programm.

Stuttgart - Rassismus ist allgegenwärtig. In Deutschland hat der rassistisch motivierte Anschlag von Hanau im vergangenen Februar vor Augen geführt, welche Auswirkungen die Geisteshaltung im Extremfall haben kann. Der durch Polizeigewalt herbeigeführte Tod des Afroamerikaners George Floyd in den USA wenige Monate später verursachte weltweit Proteste – auch in Stuttgart.

Angesichts dieser Gemengelage scheint das Anliegen der sechsten Ausgabe der Internationalen Wochen gegen Rassismus drängender denn je. „Wir wollen ein Zeichen setzen gegen Rassismus, Diskriminierung und Abwertung und für eine starke Demokratie“, sagte Houda El Medahe vom Verein Forum der Kulturen, einem der mehr als 50 Kooperationspartner der Aktionswochen, bei einem digitalen Pressegespräch am Donnerstag.

Bei den Veranstaltungen soll ein lokaler Bezug bestehen

Man sei froh, dieses Jahr wieder ein Programm anbieten zu können, nachdem die Veranstaltungsreihe 2020 abgesagt worden sei, so El Medahe. Die diesjährigen Internationalen Wochen gegen Rassismus finden in Stuttgart – und bundesweit in vielen anderen Städten – vom 15. bis 28. März statt. Am 21. März feiern die Vereinten Nationen seit 1966 jedes Jahr den Internationalen Tag gegen Rassismus.

Bereits am Freitag findet online eine Gesprächsrunde zum Auftakt statt. Die Vorträge und Workshops richten sich teils an die Öffentlichkeit, teils an Schulklassen, darüber hinaus gibt es Fortbildungen für Fachkräfte. El Medahe betonte, man versuche, stets einen lokalen Bezug herzustellen. Ein Beispiel dafür ist eine Veranstaltung des Linden-Museums, die sich am 26. März mit der Stuttgarter „Südsee-Gedenktafel“ beschäftigt. Diese hing lange Jahre an der Moltkekaserne, später an einem Bundeswehrgebäude und diente Anhängern der Kolonialbewegung als Pilgerort.

Online-Gespräch mit einem Anwalt der NSU-Opferfamilien

Auf dem äußerst vielfältigen öffentlichen Programm stehen außerdem unter anderem ein Vortrag über den Umgang mit Antisemitismus in der Schule, ein moderiertes Gespräch über den „langen Abschied von der weißen Dominanz“ und ein Werkstattgespräch über das Phänomen der „kulturellen Aneignung“.

Der Autor Mohamed Amjahid („Der weiße Fleck – eine Anleitung zum antirassistischen Denken“) hält am 23. März einen Vortrag über institutionalisierten Rassismus. Am selben Abend veranstaltet das Deutsch-Türkische Forum Stuttgart ein Online-Gespräch mit Mehmet Daimagüler, ein Jurist, der Opferfamilien im NSU-Prozess vertreten hat. Titel der Veranstaltung: „Lagebericht D 2021 – NSU, Hanau, Lübcke-Prozess“.

Der Begriff „Heimat“ steht als Zeichen kritischer Distanz auf dem Kopf

Mit dem offiziellen Titel der Veranstaltungsreihe, „Heimat – Internationale Wochen gegen Rassismus Stuttgart“ haben die Kooperationspartner lange gerungen, was zeigt, wie sprachsensibel das Thema Rassismus ist. Im offiziellen Logo steht der vorangestellte Begriff „Heimat“ nun als Zeichen kritischer Distanz auf dem Kopf. Dass der Begriff in den vergangenen Jahren so inflationär benutzt worden sei, sehe man kritisch, erklärte Markus Fricke vom Verein Forum 3.

Susanne Belz vom Büro für diskriminierungskritische Arbeit Stuttgart sagte, man wolle inhaltlich beleuchten, dass man Rassismus nicht als individuelles Fehlverhalten, sondern als Ausdruck von Machtstrukturen begreifen müsse. „Rassismus verteilt Zugänge und Ressourcen ungleich, und das hat konkrete Auswirkungen im Alltag“, so Belz. Als Beispiele nannte sie Benachteiligungen bei der Wohnungssuche aufgrund rassistischer Vorurteile und verstärkte Polizeikontrollen aus rassistischen Motiven – ein Thema, das auch im Zuge der Stuttgarter Krawallnacht diskutiert worden war.

Im momentan pandemiebedingt geschlossenen Forum 3 wird außerdem eine Ausstellung zum Thema Alltagsrassismus zu sehen sein – flankiert von einem virtuellen Ausstellungsrundgang.