Das Zerwürfnis zwischen Merkel und Seehofer ist ein großes Thema in der Weltpresse. Foto: Getty Images Europe

Die internationale Presse fiebert mit Angela Merkels Schicksal mit. Stürzt die Kanzlerin, hätte dies Folgen für die Zukunft Europas. Einige Blätter empfehlen, die CSU durch die Grünen auszutauschen.

Berlin - Der CSU-Chef Horst Seehofer kündigt im Asylstreit an, alle seine Ämter niederlegen zu wollen. In der internationalen Presse sorgt dies für Sorge, was die europäische Zukunft anbelangt.

Großbritannien – „Guardian“:

Der britische „Guardian“ schreibt: „Seehofers Rücktritt würde der unter Druck stehenden Bundeskanzlerin Angela Merkel vorübergehend eine Atempause verschaffen. Denn damit würde ein Politiker verschwinden, der seit seinem Amtsantritt als Innenminister zu ihrem Erzfeind innerhalb der eigenen Regierung geworden ist. Wenn aber nach Seehofers Ausscheiden sein Nachfolger einen ähnlich konfrontativen Ansatz verfolgen würde, könnte dies ein Ende der historischen Allianz von Merkels CDU mit der bayerischen CSU bedeuten. Das würde für die Koalitionsregierung der Kanzlerin das faktische Aus bedeuten.“

Belgien – „De Tijd“:

Die belgische Zeitung „De Tijd“, die in niederländischer Sprache erscheint, meint: „Solange es der deutschen Regierung nicht gelingt, die interne Debatte über den Umgang mit der Migrationsproblematik beizulegen, bleibt es schwierig, an einer europäischen Lösung zu arbeiten. Deutschland muss rasch für Klarheit sorgen. (...) Die Bundeskanzlerin argumentiert, dass eine europäische Lösung unmöglich wird, sollte Deutschland die Rolle des Einzelgängers spielen, weil die anderen EU-Mitgliedstaaten das dann ebenso machen würden. Das macht deutlich, dass Horst Seehofer das Kräftemessen mit Merkel nicht gewinnen kann, ohne die mehr als 50 Jahre alte Verbindung zwischen den christdemokratischen Schwesterparteien CDU und CSU zu sprengen und damit eine Regierungskrise auszulösen. Doch Einlenken will er auch nicht, weil er seine Glaubwürdigkeit dann vollständig verlieren würde. Deshalb hat er Sonntagnacht seinen Rücktritt als Innenminister und CSU-Vorsitzender ins Spiel gebracht.“

Schweiz – „NZZ“:

Die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) stellt in ihrer Online-Ausgabe am Montag die Überlegung an, ob die CSU den Asylstreit gezielt nutzen könnte, um den Sturz von Kanzlerin Merkel einzuleiten: „Das wäre möglich, wenn die CSU aus dem Fraktionsbündnis mit der CDU austritt und der Kanzlerin die Unterstützung entzieht. Diese hätte dann keine Mehrheit im Bundestag mehr. Sie bliebe aber Bundeskanzlerin und könnte versuchen, eine neue Regierung ohne die CSU zu bilden. Denkbar wäre es, die Grünen anstelle der CSU in die Regierungskoalition aufzunehmen; die nötige zahlenmässige Stärke und die grundsätzliche Bereitschaft, mit der CDU und der SPD Regierungsverantwortung zu übernehmen, hätte die Partei. Von diesem dramatischen Schritt müsste Seehofer allem Anschein nach aber erst noch die CSU-Führung überzeugen, die sich am Sonntagabend stundenlang beriet. Ein Bruch mit der CDU vier Monate vor der Landtagswahl in Bayern wäre ein großes Risiko für die CSU.“

Frankreich – „Le Figaro“:

Die konservative französische Tageszeitung „Le Figaro“ kommentiert die Regierungskrise in Deutschland so: „Es ist, als ob der Pessimismus und die Selbst-Schlechtmacherei den Rhein überquert hätten. In diesen Tagen tauchen in der deutschen Presse immer mehr Titelseiten auf, deren Tonfall uns (Franzosen) bekannt vorkommt. Da ist zum Beispiel der „Spiegel“ von diesem Wochenende mit einer Titelseite, auf der die Farben der (deutschen) Nationalflagge traurig verlaufen. Dazu dieser Titel: „Es war einmal ein starkes Land“, und die drei Schlüsselwörter „Fußball“, „Wirtschaft“, „Politik“ (...).“

Schweiz – „Tages-Anzeiger“:

Der „Tages-Anzeiger“ aus Zürich schreibt: „Welche Folgen Seehofers Rücktritt haben würde, war vorerst völlig unklar. Denkbar wäre, dass ein anderer CSU-Politiker Seehofer als Innenminister nachfolgen könnte, etwa (CSU-Landesgruppenchef Alexander) Dobrindt. Dieser hat sich in den letzten Wochen im Asylstreit mit Merkel jedoch als noch unerbittlicher hervorgetan als Seehofer.“