Die Gäubahn ist auch sonst ein Sorgenkind unter den Bahnstrecken im Land. Foto: Deutsche Bahn AG/Jochen Schmidt

Nach der Zugentgleisung bei Horb gibt es massive Beschwerden über das Krisenmanagement der Deutschen Bahn. Gleichzeitig liegen erste Erkenntnisse über die Ursache der Havarie vor.

Horb - Die Entgleisung eines Intercity-Zugs auf der Gäubahnstrecke bei Horb ist möglicherweise auf menschliches Versagen zurückzuführen. Die Staatsanwaltschaft Rottweil habe ein Ermittlungsverfahren wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr aufgenommen, teilte die Bundespolizeidirektion Offenburg am Freitag mit. Allerdings scheidet ein Anschlag als Unglücksursache offenbar aus. Auch technisches Versagen an den als pannenanfällig bekannten Doppelstockwagen der IC-2-Reihe dürfte in diesem Fall nach ersten Erkenntnissen keine Rolle spielen. Es gebe einen Anfangsverdacht gegen einen Bahnmitarbeiter, bestätigte ein Sprecher der Rottweiler Staatsanwaltschaft dem „Schwarzwälder Boten“. Noch laufen die Ermittlungen.

Möglicherweise könnte der Fehler im Stellwerk passiert sein. Am Donnerstagabend waren bei der Einfahrt des Intercity von Konstanz nach Stuttgart zwei mittlere Waggons aus den Gleisen gesprungen. Dabei überfuhr der Zug gerade eine Weiche. Die knapp 100 Fahrgäste kamen mit dem Schrecken davon. Bei einem höheren Tempo wäre es wohl nicht so glimpflich ausgegangen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei, die in Horb die Ermittlungen nach der Unglücksursache aufnahm.

Derweil kam es am Freitag auf der Gäubahn zu massiven Verspätungen und Zugausfällen. Während die Züge am Vormittag auf einem Nachbargleis die Unfallstelle noch passieren konnten, musste für die Bergung mit einem Kran und Hydraulikpressen aus Sicherheitsgründen die Stromversorgung in der Oberleitung gekappt werden. Trotz des mehrstündigen Vorlaufs schaffte es die Bahn nicht, den Fahrgästen Alternativen zu bieten. Die Informationen liefen spärlich, teilweise waren sie auch falsch.

Fahrgäste frieren stundenlang in der Kälte

Ein Ersatzbusverkehr wurde erst mit großer Verspätung eingerichtet. Stundenlang warteten Fahrgäste in Rottweil auf angekündigte Busse, die dann aber erst ab Sulz bereit standen. Als sie fuhren, waren sie hoffnungslos überfüllt. Am Ziel des Schienenersatzverkehrs ging es nicht weiter. Zwei Stunden lang standen Hunderte Fahrgäste auf dem abgelegenen Bahnhof von Eutingen im Gäu. Anschlusszüge in Richtung Stuttgart fielen aus. Für Frauen wurde die Bahnhofstoilette aufgeschlossen, Männer wurden über eine Lautsprecheransage aufgefordert, sich in die Büsche zu schlagen.

Er habe für 150 Kilometer mehr als fünf Stunden gebraucht, sagte ein Mann, als er in Stuttgart ankam. „Das hätte ich auch mit dem Fahrrad geschafft.“ Glück hatten drei Fahrgäste, die in Sulz zusammen mit drei Bahnmitarbeitern in ein Taxi springen konnten und so nach Stuttgart mitgenommen wurden. Bei Verspätungen von mehr als einer Stunde erstattet die Bahn 25 Prozent des Fahrpreises. Ab zwei Stunden haben die Kunden ein Anrecht auf 50 Prozent. Formulare und Informationen zum Ablauf gibt es im Internet unter bahn.de/fahrgastrechte.