Joseph Süß Oppenheimer ist zu Lebzeiten Foto: privat

Der Justizmord an dem jüdischen Finanzier Joseph Süß Oppenheimer im Jahr 1738 ist das Thema einer virtuellen und zugleich realen Führung durch die Stuttgarter Innenstadt. Das Angebot soll vor allem junge Leute für die Stadtgeschichte interessieren.

S-Mitte - Der Justizmord an dem jüdischen Finanzrat Joseph Süß Oppenheimer am 4. Februar 1738 wird bald als böser Krimi wieder aufgerollt. Dafür sorgt die Dramaturgin und Hochschuldozentin Beate Ehrmann mit einer Kombination aus realem Stadtspaziergang und virtuellen Elementen an fünf Stationen: Rathaus, Schloss, Münze in der Dorotheenstraße (hier wurde Oppenheimer verhaftet), einstiges Palais in der früheren Seegasse und heutigen Friedrichstraße sowie der Galgen auf der Prag.

Alle Orte sind einer Karte aus dem Jahr 1794 entnommen und waren Wirkungsstätten des Finanzrats Oppenheimer oder Tatorte, die zu dem antisemitischen Justizmord auf der Prag führten. An jeder Station wird der Besucher eine Tafel mit einem so genannten QR-Code vorfinden, den Smartphones lesen können. Über diesen gelangt er zu einer kostenlosen Website mit Informationen zum Standort und zu Oppenheimer. So wird zum Beispiel die markante Stimme des selbst ernannten „Geschichtenausgräbers“ und Autors Hellmut G. Haasis zu hören sein. Er hat sieben Jahre lang über Oppenheimer geforscht. Sein Buch über den Finanzrat wurde mit dem Ludwig-Uhland-Preis ausgezeichnet, aus diesem und aus dem sowie seinem Totengedenkbuch wird Haasis vorlesen. Aber auch spielerische Elemente werden auf der Website zu finden sein, ebenso können die Nutzer Dokumente und Bilder aufrufen und an einer elektronischen Geocoaching-Schnitzeljagd. Bei dem Material wird sicher der nationalsozialistische Hetzfilm „Jud Süß“ (1940) von Veit Harlan fehlen, denn das Projekt bemüht sich um historische Fakten.

Starten soll der Rundgang im nächsten Jahr

„Diese interaktive Stadtführung weist vom Tatort ins Internet und ist besonders für junge Menschen attraktiv, um sie für Geschichte zu interessieren“, erklärte Ehrmann ihr Vorhaben im Bezirksbeirat Mitte. Deshalb will die Dozentin damit an die Schulen gehen. Starten soll der Rundgang im nächsten Jahr. Ein interdisziplinäres Team um die Mediengestalterin Carola Wüst sowie Ehrmann und Haasis feilt am Konzept und dessen medialer Umsetzung. Alle Fraktionen begrüßten das Projekt und sind bereit, dafür einen Zuschuss zu gewähren. Karl-Stephan Quadt (SPD) empörte sich darüber, dass an dem ohnehin besonders unwirtlichen Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz in der Nähe der Neuen Brücke jetzt auch noch die Gedenkschilder abgerissen wurden. Die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne) betonte, dass der Bezirksbeirat fest entschlossen sei, den Platz würdiger zu gestalten.

Oppenheimer, der Finanzier des Herzogs Karl Alexander von Württemberg, wurde gehängt und seine Leiche in einem Käfig sechs Jahre lang zur Schau gestellt. Am 7. November wird der Landtag dem Justizopfer Oppenheimer gedenken.