Bilkay Öney (SPD), Integrationsministerin von Baden-Württemberg, hat Ärger im eigenen Haus. Foto: dpa

Ein unbekannter Mitarbeiter von Bilkay Öney soll Interna an die Opposition weitergegeben haben.

Stuttgart - Baden-Württembergs Integrationsministerium sucht im eigenen Haus nach einer undichten Stelle, aus der vertrauliche Informationen nach außen dringen. „Im Integrationsministerium sitzt offenbar ein Maulwurf“, sagte Amtschef Manfred Stehle auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Es gebe offensichtlich einen Mitarbeiter, der anonyme Mails an die Opposition im Landtag verschickt, in denen er sich äußerst kritisch über die Personalpolitik im Haus von Ministerin Bilkay Öney (SPD) auslässt.

Ministerialdirektor Stehle: Wir haben einen Verdacht

Vor kurzem hatten CDU und FDP Öney vorgehalten, sie habe zahlreiche SPD-Mitglieder mit Posten versorgt. Überhaupt habe sie ihr Haus nicht im Griff, wie ständige Personalwechsel zeigten.

Ministerialdirektor Stehle sieht „üble Machenschaften“, um seine Chefin in Misskredit zu bringen. Die Opposition spiele mit einem „Heckenschützen“ über Bande. „Das ist eine neue Qualität von Indiskretion, die völlig inakzeptabel ist.“ Stehle vermutet, dass der eigene Mitarbeiter versucht, die Opposition zu munitionieren. „Wir haben einen Verdacht“, sagte er, ohne diesen jedoch zu konkretisieren.

In einer anonymen Mail, die der dpa vorliegt, schreibt dieser Insider vor wenigen Wochen unter dem Pseudonym „Max Müller“ an Abgeordnete, er wolle ihnen „aufschlussreiche Hintergrundinformationen“ zukommen lassen. Dann zählt er Personalwechsel im Ministerium auf und erklärt, dass diese Fälle „Rückschlüsse auf die Qualität der Personalführung im Integrationsministerium - insbesondere durch die Hausspitze - nahelegen“. Es sei auffällig, dass die Abgänger alle aus dem „engen Umfeld“ der Ministerin seien : Fahrer, Vorzimmerkraft, Leiter von Zentral- und Pressestelle, dessen Stellvertreter und eine Abteilungsleiterin.

Fluktuation im Ministerium

Tatsächlich gibt es im Ministerium einige Fluktuation, nach Angaben Stehles allerdings nur wenig im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mitarbeiter, die bei 50 liege. Zentralstellenleiter Christian Storr, der früher der Stabsstelle Integration im Justizministerium von Ulrich Goll (FDP) vorstand, hört auf. Er wolle versetzt werden, erklärte Stehle. Storr wird künftig wohl für den Landesbeauftragten für Datenschutz, Jörg Klingbeil, arbeiten.

Der Landeschef der Jungsozialisten, Frederick Brütting, der Storrs Vize in der Zentral- und Pressestelle war, hat dem Ministerium ebenfalls den Rücken gekehrt. Brütting war Anfang Oktober zum Bürgermeister der 10.000-Einwohner-Stadt Heubach (Ostalbkreis) gewählt worden. Der Insider macht sich auch darüber lustig, dass Öney selbst bei der Kür ihres Fahrers wählerisch gewesen sei. Es habe mehrere Anläufe bedurft, „bis sich ein solcher fand, der längerfristig in dieser Funktion bleiben durfte oder wollte“.

Der anonyme Briefeschreiber beendet sein Schreiben an die Abgeordneten der Opposition mit den Worten: „Herzlichst und mit den besten Wünschen auf eine baldige Rückkehr in die Regierungsverantwortung.“

Kritik an Öney: „zahnloser Tiger“

Die türkischstämmige Ministerin Öney, die aus dem Berliner Abgeordnetenhaus nach Stuttgart kam, steht immer wieder unter Beschuss. Die beiden Abgeordneten Bernhard Lasotta (CDU) und Andreas Glück (FDP) hatten sich Mitte Januar in einer kleinen Landtagsanfrage nach den Abgängen im Ministerium erkundigt. Auch bei den Grünen gibt es Abgeordnete, die sich darüber beschweren, die frühere Grünen-Politikerin setze kaum Akzente.

Erst jüngst musste sich die 41-Jährige in der Debatte über ihren Haushalt von der Opposition schwere Vorwürfe anhören. Ihr Ministerium sei ein „zahnloser Tiger“, monierte Lasotta damals. Von dem 75-Millionen-Euro-Haushalt flössen lediglich gut fünf Millionen Euro in Integrationsprojekte. Er ging auch auf das „Personalchaos“ ein, das in Öneys Haus herrsche: „Mittlerweile wendet sich auch eine Vielzahl von Mitarbeitern an uns, die über die Arbeitsbedingungen in diesem Haus berichten.“

Lasotta kritisierte am Sonntag die „Maulwurf“-Suche: Öney versuche damit von eigenen Fehlern abzulenken: „Wer so mit seinen Mitarbeitern umgeht und den eigenen Leuten so viel Misstrauen entgegenbringt, der beschädigt nicht nur die Atmosphäre innerhalb des Ministeriums, sondern auch sein Regierungsamt.“

Stehle wies die Vorwürfe zurück und betonte, die Mitarbeiter im Ministerium seien hoch motiviert; bei Ausschreibungen gebe es eine Flut von Bewerbungen. „Das Ministerium ist nach neun Monaten fachlich und politisch gut aufgestellt. Das Thema Integration ist mit Ministerin Öney weit nach oben auf der landespolitischen Agenda gerückt.“ Ende Januar habe sie „ein schlüssiges Gesamtkonzept mit ihren politischen Schwerpunkten für das Jahr 2012 vorgelegt“.