Omid Waselzada weiß, was es heißt, seine Heimat verlassen zu müssen. Foto: Gottfried Stoppel

Der neue Flüchtlingsbeauftragte der Gemeinde Urbach ist als Kind selbst ein Flüchtling gewesen. Als Zehnjähriger hat er seinen Eltern bei der Integration geholfen, jetzt hilft er Menschen, die ein ähnliches Schicksal haben.

Urbach - Flüchten – das kennt Omid Waselzada ganz direkt. Mit seinen Eltern musste er vor 37 Jahren Afghanistan verlassen, weil die Sowjets in das Land einmarschiert waren. Doch erinnern kann sich der junge Mann nicht an diese harte Zeit. Kein Wunder, war er damals doch gerade frisch geboren. Seine ersten Lebensmonate verbrachte Waselzada auf der Flucht. Nun hilft der 37-Jährige seit diesem Herbst in Urbach anderen Flüchtlingen. Er ist der neue Integrationsbeauftragte der Kommune im Osten des Rems-Murr-Kreises. Gemeinsam mit Tim Heie, der ein freiwilliges soziales Jahr absolviert, kümmert er sich um die rund 130 Flüchtlinge, die in Urbach wohnen.

Quasi Mädchen für alles

„So kann ich etwas zurückgeben, was ich in Deutschland erfahren habe“, sagt Omid Waselzada zu seiner Motivation. Denn eigentlich ist der Mann Rechtsanwalt und arbeitet auch noch zu 50 Prozent in seinem Beruf. Doch in Urbach ist er als Flüchtlingsbeauftragter quasi Mädchen für alles. Er betreut die Flüchtlinge und hilft ihnen in allen Lebenslagen. Er hört zu, hilft bei Behördengängen, erklärt das Asylrecht, lässt aber auch mal einen Schlüssel nachmachen, falls er verloren geht. Oder er sorgt dafür, dass die Heizung wieder funktioniert oder die Rollläden nicht mehr klemmen.

Neulich haben er und Heie in einer der großen Unterkünfte einen Aufräumtag veranstaltet und gemeinsam mit den Bewohnern kräftig angepackt. Ein anderes Mal half Waselzada und übersetzte für eine afghanische Familie, als es um ein Entwicklungsgespräch im Kindergarten ging. „Mir gefällt, dass mein neuer Job sehr abwechslungsreich ist“, sagt Waselzada. So sei er auch hautnah am Leben dran, wie es sei. Und: „Mir gefällt es, Leuten helfen zu können. Das tut mir selbst gut.“

Geholfen hat er schon früh seinen Eltern. Noch gut kann er sich daran erinnern, wie er als vielleicht Zehnjähriger für sie deutsche Formulare ausfüllen musste. Damals mochte er nicht, was er da tat. Heute freut er sich, helfen zu können. „Ich kenne die Probleme der Flüchtlinge noch von mir und meinen Eltern“, sagt Waselzada.

Was genau seine Eltern und er 1982 auf der monatelangen Flucht erlebten, das weiß der schlanke Mann nur aus Erzählungen. Er sagt: „Es waren viele Erlebnisse.“ Und auch: „Es war eine harte Flucht.“ Viel mehr nicht. Seine Eltern Khalillurahman und Torpekay Waselzada mussten sich damals auf den Weg machen, ihre Sachen packen und ins Unbekannte losziehen. Torpekay Waselzada war hochschwanger. Omid kam dann noch in Kabul zur Welt, bevor es auf die große Flucht nach Deutschland ging. Gelandet ist die junge Familie damals zunächst in Darmstadt und schließlich in München, wo Omid in Milbertshofen in einem sozialen Brennpunkt aufwuchs. Sein Vater machte sich irgendwann selbstständig und ist heute Lastwagen- und Omnibushändler. Omid machte Abitur und studierte schließlich Rechtswissenschaften in Augsburg – wo er seine spätere Frau Figen Basoglo-Waselzada aus Urbach traf.

Das war seine erste Berührung mit dem Rems-Murr-Kreis. Nun hat seine Frau nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes vor eineinhalb Jahren inzwischen eine Stelle als Richterin am Amtsgericht in Waiblingen bekommen. So verschlug es die junge Familie in diesem Jahr nach Urbach. Die Stelle als Integrationsbeauftragter hat seine Frau für ihn gefunden.

Schon als Rechtsanwalt mit Flüchtlingen und Asylrecht zu tun

Omid Waselzada hatte schon als Rechtsanwalt mit Flüchtlingen und dem Asylrecht zu tun. In Augsburg hat er auch Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge übernommen. „Das war eine ähnliche Arbeit wie hier.“ Was ihm auch täglich hilft, sind seine Sprachkenntnisse. Als Kind lernte er Dari beziehungsweise Farsi als Muttersprache zu Hause, Deutsch im Kindergarten und Englisch sowie Französisch in der Schule – und da seine Frau ursprünglich Türkin ist, hat er auch gute Grundkenntnisse dieser Sprache. So kann er sich etwa auch mit syrischen Flüchtlingen, die längere Zeit in der Türkei waren, gut verständigen – und ihnen so helfen.