Land will die Pflege von Senioren fördern und junge Ausländer für die Branche gewinnen.

Stuttgart - Viele ehemals Zugewanderte sind in die Jahre gekommen. Damit sie sich auch an ihrem Lebensabend wohlfühlen, sollen vermehrt Migranten in Alten- und Pflegeheimen arbeiten. Noch sind neun von zehn Pflegekräften deutsch.

In Baden-Württemberg soll es künftig mehr Pfleger mit Migrationshintergrund geben. Das ergibt sich aus der Stellungnahme des Sozialministeriums auf einen Antrag der CDU. Die Oppositionspartei fordert, dass pflegebedürftigen Menschen mit Migrationshintergrund Pfleger zur Verfügung stehen, die dem selben oder einem ähnlichen Kulturkreis entstammen. Wegen der alternden Gesellschaft wird es in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in den nächsten Jahren auch einen höheren Anteil an Patienten geben, die aus einem anderen Kulturkreis stammen.

Nach Angaben des Ministeriums liegt der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg mit 25 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 19 Prozent. Zwölf Prozent der Bewohner des Bundeslandes sind Ausländer. Noch sei der Anteil an Rentnern bei den Migranten mit elf Prozent allerdings deutlich geringer als der von Menschen ohne Migrationshintergrund, der bei 22 Prozent liegt.

Pflegebedürftig

Pflegebedürftig waren nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes im Dezember 2009 rund 246.000 Baden-Württemberger. Systematische Erhebungen über pflegebedürftige Menschen mit Migrationshintergrund gibt es aber nicht. Im Frühjahr hat das SPD-geführte Sozialministerium eine Untersuchung zur Versorgungssituation älterer Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg in Auftrag gegeben. Ziel ist es, die Versorgungssituation in stationären Einrichtungen und ambulanten Diensten zu erfassen und Konsequenzen daraus zu ziehen.

Das Ministerium rechnet auch bei den Migranten mit einem Anstieg Pflegebedürftiger in den nächsten Jahren. Diese Vermutung resultiert aus Vorausberechnungen des Statistischen Landesamtes, das von einem Anstieg aller Pflegebedürftiger bis zum Jahr 2031 auf 358000 ausgeht. "Die erste Generation von Zuwanderern ist mittlerweile in die Jahre gekommen", sagt ein Sprecher des Integrationsministeriums, das sich gemeinsam mit dem Sozialministerium um die Migranten kümmert. "Auch an ihnen geht der Demographiewandel nicht vorbei."

Mehr Jugendliche, die sich für einen Pflegeberuf entscheiden - geht es nach der rot-grünen Landesregierung, soll das künftig helfen, dass sich pflegebedürftige Migranten wohler fühlen. Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) nennt das eine "kultursensible Pflege". Nach Angaben des statistischen Landesamtes liegt der Anteil von Jugendlichen mit ausländischem Hintergrund in Pflegeausbildungen momentan bei rund elf Prozent. Der Sprecher des Integrationsministeriums sieht klare Vorteile für beide Seiten: "Wenn sich die Zahl der Pflegeschüler mit ausländischem Hintergrund erhöht, ist das eine Win-Win-Situation", sagt er. "Während sich die pflegebedürftigen Migranten wohler fühlen, besteht für die jungen Menschen eine Zukunftsperspektive mit sicheren Jobs."

Muttersprache

Integtrationsministerin Öney erklärt, warum es für pflegebedürftige Ausländer so wichtig ist, dass es Pfleger gibt, die ihre Muttersprache verstehen: "Die Zweitsprache geht etwa bei Demenz als erstes verloren", sagt sie. Um Pflegeberufe für Jugendliche mit Migrationshintergrund attraktiver zu machen, wollen die Ministerien auf mehreren Ebenen ansetzen. "Gemeinsam mit dem Sozialministerium planen wir eine Werbekampagne", so der Sprecher des Integrationsministeriums, "außerdem gibt es in Stuttgart ein Modellprojekt in der Altenpflegeausbildung."

An diesem Erprobungsversuch beteiligt sich die Berufsfachschule für Altenpflege des Eigenbetriebs Leben und Wohnen der Stadt Stuttgart seit dem Schuljahr 2009/2010. Dabei bietet sie eine zweijährige Ausbildung zur Altenpflegehilfe an, in der für Bewerber mit Migrationshintergrund die notwendigen Deutschkenntnisse durch einen Integrations-Sprachkurs vermittelt werden.

Im ersten Jahr steht die Vermittlung von Sprachkenntnissen im Vordergrund. Im zweiten Jahr lernen die Schüler die fachlichen Inhalte. Das Sozialministerium setzt sich nach erfolgreichem Start für eine Ausweitung des Projekts ein. Im letzten Schuljahr hat die Schule aufgrund hoher Nachfrage mit einem zweiten Kurs begonnen.