Die Zahl der in sogenannten Systembauten untergebrachten Flüchtlinge sinkt. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Es kommen weniger neue Flüchtlinge in Stuttgart an als aus den städtischen Unterkünften ausziehen. Dadurch sinkt die Zahl der in Heimen betreuten Menschen.

Stuttgart - Die Zahl der in städtischen Unterkünften einquartierten Flüchtlinge geht weiter zurück. Im April sind es rund 7000 Personen gewesen, 700 weniger als im Mai des Vorjahres. Die Stadt schätzt, dass diese Zahl bis Ende des Jahres auf 6600 sinken wird. Die größte Gruppe sind immer noch Menschen aus Syrien (1871), dem Irak (1295) und Afghanistan (1098), vor Nigeria (465) und Eritrea (359).

Rund 120 kommen, aber 180 ziehen aus

Seit geraumer Zeit fällt der Saldo von Ein- und Auszügen in den Unterkünften negativ aus. So stehen im Schnitt pro Monat rund 120 Zuzügen in die Gemeinschaftsgebäude 180 Auszüge entgegen. Die Zuzüge setzen sich zusammen aus etwa 60 Personen, die aus einer Landeserstaufnahmestelle zugewiesen werden, circa 30 Personen kommen per Familiennachzug dazu, überdies verzeichnet man bei den Bewohnern pro Monat etwa 30 Geburten. Von all jenen, welche die städtischen Unterkünfte verlassen, haben immerhin etwa 120 eine Privatwohnung gefunden, vor allem in Stuttgart, ein Teil aber auch außerhalb. Die meisten Fraktionen im Sozialausschuss des Rates sind erfreut über diese Entwicklung und sehen die Stadt bei der Flüchtlingsintegration auf einem sehr guten Weg. Viel Lob gab es insbesondere für das Engagement von noch immer rund 2000 Ehrenamtlichen, das sich auch fruchtbar auf die Wohnungssuche von Geflüchteten auswirke. Ein Dank erging auch an die Vermieter, welche diese aufnehmen.

Kritisch allerdings sieht CDU-Stadtrat Thomas Fuhrmann die hohe Zahl der Geduldeten. Diese Tatsache widerspreche nicht nur dem „Rechtsstaatsgebot“, es sei auch „nicht fair“ gegenüber den Betroffenen, die etwa eine Ausbildung begännen, aber keine rechtssichere Position bekämen. Auch Luigi Pantisano (SÖS/Linke-plus) forderte „rechtliche Klarheit für Geduldete“. Es könne nicht sein, dass diese sich bildeten und Fuß fassten „und dann abgeschoben werden“. Dies sei auch ein Problem für viele Unternehmen.

Kritik am Bundesamt für Migration

Teils heftige Kritik übten die Fraktionen an der Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), die Rückkehrberatung durch die Arbeitsgemeinschaft Diese eine Welt (AGDW) finanziell nicht mehr zu unterstützen. Dem Verein fehlen dadurch rund 124 000 Euro. „Ich bin fassungslos, das ist nicht hinnehmbar“, sagte Sibel Yüksel (FDP). Allgemein wird die Arbeit des AGDW als überaus wichtig bewertet. Die einhellige Meinung war aber, dass die Stadt, die bisher 25 000 Euro der Kosten trägt, nicht einfach als Ausfallbürge einspringt. Das Gremium folgte dem Vorschlag von Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne), dem Verein „die Personalstellen bis im Herbst abzusichern“, bis nach der Sommerpause aber ein eigenes Konzept zur Rückkehrberatung vorzulegen. Zuletzt sorgte der Antrag von SÖS/Linke-plus, Stuttgart solle gerettete Bootsflüchtlinge aufnehmen, um ein Zeichen gegen „die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer“ zu setzen, für eine längere Diskussion. Anders als Heinrich Fiechtner (Ex-AfD, jetzt BZS 23), der einen „Antrag auf Nichtbefassung“ stellte, hatten die anderen Fraktionen durchaus Verständnis für das Anliegen.

Katastrophe im Mittelmeer

Die Situation im Mittelmeer sei „absolut menschenunwürdig und traurig“, erklärte Thomas Fuhrmann (CDU). Jochen Stopper (Grüne) nannte die Debatte, ob man Menschen im Mittelmeer noch retten dürfe, „völlig inhuman“. Und Hans-Peter Ehrlich (SPD) bezeichnete die Anzeige gegen die Dresdener Seenotretter von Mission Lifeline als „Beginn der Barbarei“. Dennoch kamen die Fraktionen zu dem Schluss, dass es nicht Sache der Kommune sei, hier aktiv zu werden. Dieses Problem sei nur auf EU-Ebene lösbar.