Die Gesellschaft wird bunter, das Zusammenleben der Ethnien funktioniert nicht immer automatisch. Foto: dpa

Ein Integrationskonzept soll in Nürtingen die Eingliederung von Menschen mit ausländischen Wurzeln erleichtern. Oftmals hapert es noch mit der gesellschaftlichen Teilhabe.

Nürtingen - Esslingen hat eines seit sechs Jahren, Kirchheim seit zwei Jahren und jetzt will auch Nürtingen ein maßgeschneidertes Integrationskonzept entwickeln. Es soll als Basis dafür dienen, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft besser Anschluss an die Gesellschaft finden als bisher. „Immerhin leben hier in Nürtingen Menschen aus über 120 Nationen, diese gilt es in das öffentliche Leben zu integrieren“, sagt Sven Singler, der Integrationsbeauftragte der Stadt. Dabei gehe es in erster Linie nicht um Geflüchtete, sondern häufig auch um Menschen, die aus dem EU-Ausland kommen und schon jahrelang hier leben, aber oftmals noch Schwierigkeiten haben, in der Gesellschaft anzukommen.

Die Dialogkultur soll verbessert werden

Für die Ausarbeitung des Integrationskonzepts hat der Fachrat für interkulturelles Zusammenleben sieben Handlungsfelder definiert. Im Fokus stand als erstes der Bereich „Politik und Religion“. Bei der Diskussion mit Beteiligung unter anderem von Vertretern der Mevlana Moschee standen Fragen im Fokus, wie die interkulturelle Teilhabe und ein offenes und freiheitliches Stadtklima gefördert werden können.

Die Teilnehmer sahen vor allem eine unterentwickelte Dialogkultur als Hauptproblem. Der Fachrat sei zwar bereits ein erster Schritt, um eine Brücke zwischen den Kulturen und dem Gemeinderat zu schaffen: Jedoch fehlt häufig der Kontakt zwischen Personen ohne Amtsfunktion. Die Mevlana Moschee würde sich beispielsweise freuen, wenn gegenseitige Einladungen zu Vereins- und Religionsfesten häufiger wahrgenommen würden, um auch in zwangloser Atmosphäre miteinander in Kontakt zu kommen. In der Runde wurde zudem die Forderung laut, dass alle Dialogpartner die freiheitlich demokratischen Werte teilen müssen. Ende des Jahres soll das Integrationskonzept dann im Gemeinderat verabschiedet werden.

Forscher erkunden Sindelfingen

Mehr als 33 Prozent der in Nürtingen lebenden Menschen haben ihre Wurzeln im Ausland. Damit befindet sich die Hölderlinstadt in guter Gesellschaft. In Esslingen beispielsweise hat knapp 40 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Bei Kindern und Jugendlichen liegt der Anteil bei mehr als 50 Prozent.

Und in Sindelfingen (Kreis Böblingen) leben mehr Bürger mit einem Migrationshintergrund als ohne. Deshalb haben Forscher auf diese Stadt auch ein besonderes Augenmerk gerichtet. Der Osnabrücker Wissenschaftler Jens Schneider ist mit einer Gruppe von Studenten im Zeitraum eines Jahres in der multikulturellen Kommune unterwegs gewesen, um dem Zusammenleben der verschiedenen Ethnien auf die Spur zu kommen. Gespräche mit Landfrauen, Sportvereinen, Migrantenvereinen und Menschen auf der Straße zählten ebenso zum Forschungsansatz wie generationenübergreifende Interviews mit sechs Familien. Die Ergebnisse sollen dann in ein neues Integrationskonzept einfließen.