Viel Verbesserungsbedarf bei der Integration: In Deutschland ist es nach Ansicht von Gökay Sofuoglu bis heute nicht selbstverständlich, dass Migranten Karriere machen. Foto: dpa

Wonach bemisst sich gelungene Integration? Danach, ob Migranten auch Spitzenpositionen innehaben, meint der neue Co-Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu. Hier gebe es große Defizite.

Stuttgart - Nach Ansicht von Gökay Sofuoglu, einem von zwei Bundesvorsitzenden der Türkischen Gemeinde, „ist es in Deutschland bis heute leider nicht selbstverständlich, dass Migranten Karriere machen“. Das gelte für die Wirtschaft ebenso wie für die öffentliche Verwaltung oder die Politik – im Land wie im Bund. Mit der Berufung von türkischstämmigen Integrationsbeauftragten in die Regierung sei es nicht getan, sagte Sofuoglu im Interview mit unserer Zeitung. Auch eine türkische Frau oder ein türkischer Mann könne ein Wirtschaftsministerium führen. Es gebe viele Migranten, die aufgrund ihrer Befähigung für solche Spitzenämter infrage kämen.

Defizite sieht Sofuoglu auch in der Landeshauptstadt: „Es gibt in Stuttgart bis heute keinen Bürgermeister mit Migrationshintergrund.“ Zugleich drängt er auf eine Änderung des Kommunalwahlrechts. Alle, die eine bestimmte Zeit in Deutschland leben, sollten das Kommunalwahlrecht bekommen – unabhängig von der Staatsbürgerschaft; das fördere auch das Zugehörigkeitsgefühl.

Als wichtigste Aufgabe nannte Sofuoglu die Bekämpfung des Rassismus in Deutschland. Sorge äußerte er über den Zuspruch für die europakritische AfD: „Wir müssen uns auf eine zweite Phase der Republikaner einstellen.“ Die AfD spreche dieselbe Wählerschaft an. Der Rechtsruck überall in Europa werde für Migranten zu Problemen führen.

Zur Forderung von Politikern, der wegen seines Vorgehens in Zusammenhang mit dem Grubenunglück kritisierte türkische Premier Recep Tayyip Erdogan solle auf seinen für 24. Mai geplanten Deutschland-Besuch verzichten, sagte Sofuoglu: „Ausladen ist keine Haltung.“ Wichtig sei, dass Erdogan keine Stimmung gegen Europa schüre.