Vor rund fünf Jahren hat der Ulmer Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz mit dem Fall Schlecker sein bislang größtes Verfahren übernommen. Foto: dpa

Der Insolvenzverwalter von Anton Schlecker, Arndt Geiwitz, hat sich von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mehr erhofft, wie er im Interview verrät.

Stuttgart – Herr Geiwitz, die Staatsanwaltschaft wirft Anton Schlecker vor, dass er die Insolvenz geahnt und Vermögenswerte beiseitegeschafft hat. Was ist Ihr Eindruck?
Nach meinem Dafürhalten wurde Anton Schlecker von der Insolvenz überrascht. Er war überzeugt, dass er vom Einkaufsverbund Markant wieder ein Lieferantendarlehen bekommt. Dass dieses überraschend ausblieb, war der Anfang vom Ende.
Schlecker wird vorgeworfen, Gelder etwa durch überteuerte Verträge beiseitegeschafft zu haben. Nutzt man da nicht eher andere Konstruktionen?
Ich hatte schon Verfahren, bei denen angelsächsische Anwaltsbüros Jahre vor der Insolvenz Konstruktionen geschaffen haben, über die Vermögen legal in Sicherheit gebracht worden ist. So etwas hat Herr Schlecker nicht gemacht. Man kann als Unternehmer keine größere Verantwortung übernehmen, als in der Rechtsform des eingetragenen Kaufmanns in die Insolvenz zu gehen. Denn auf diese Weise haftet der Unternehmer mit seinem Privatvermögen.
Das klingt so, als wollten Sie Schlecker verteidigen.
Nein, ich betrachte schlicht die Fakten und finde es unangemessen, wie manche Medien versuchen, Herrn Schlecker zu dämonisieren. Die Familie Schlecker hat die Anfechtungen von Vermögensübertragungen bereits 2013 in einem Vergleich anerkannt und die Zahlungen an die Insolvenzmasse geleistet. Ich hätte als Insolvenzverwalter das größte Interesse daran, dass die Staatsanwaltschaft bei Schlecker noch einen verborgenen Goldschatz hebt. Wenn ich als einzugsermächtigter Insolvenzverwalter eine Schweizer Bank anschreibe, bei der ich weiß, dass dort Geld eines Schuldners liegt, bekomme ich nicht einmal eine Antwort. Meine Hoffnung lag deshalb auf den Ermittlern, da die Staatsanwaltschaft da schon umfangreichere rechtliche Möglichkeiten hat als ein Insolvenzverwalter. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand haben die Kollegen jedoch keine Vorgänge gefunden, die über jene Fälle hinausgehen, die wir auch schon auf dem Schirm hatten.
Sie haben den Fall vor fünf Jahren übernommen. Werden Sie heute noch häufig darauf angesprochen?
Ja. Dieses Verfahren hat eine extreme Öffentlichkeitswirkung. 2012 wurde der Name Schlecker 50 000 Mal in den Medien zitiert. Das ist häufiger als der Name Merkel.
Hat der Fall Ihr Leben verändert?
Ja, das kann man nicht anders sagen. Allein die Erfahrung, derart in der Öffentlichkeit zu stehen, werde ich wahrscheinlich nur einmal im Leben machen. Das hat Licht- und Schattenseiten. Weniger erfreulich ist, dass mich die meisten Menschen unmittelbar mit dem Namen Schlecker in Verbindung bringen. Da fühle ich mich manchmal auf den „Schlecker-Verwalter“ reduziert. Positiv ist hingegen die Erfahrung, dass ich zu 99 Prozent extrem fair von den Medien behandelt worden bin. Wenn das anders gelaufen wäre, weiß ich nicht, ob ich meinen Job heute noch machen würde. Ich habe schließlich auch eine Familie zu beschützen.
Hatten Sie eine Medienstrategie?
Nein, ich hatte ja gar keine Erfahrung mit Medien. Bereits in der ersten Woche wollte ich mich jedoch per Rundschreiben im Intranet an die Mitarbeiter wenden. Da sagte man mir, so etwas gebe es bei Schlecker nicht. Man würde entweder per Fax in die Filialen oder per Brief an die Privatadressen mit den Mitarbeitern kommunizieren. Da wurde mir klar, dass die Mitarbeiter meine Botschaften schneller erhalten, wenn ich mich an die Medien wende, statt jedem persönlich einen Brief zu schreiben. Von dem Moment an habe ich mir hinter der Presse immer die Mitarbeiter vorgestellt. Und dann war es leichter.

Das Gespräch führte Anne Guhlich.