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Viele ehemalige Beschäftigte der Drogeriekette wollen die Kündigung nicht einfach hinnehmen.

Ehingen - Hunderte frühere Schlecker-Beschäftigte haben kurz vor Fristablauf rechtliche Schritte gegen ihre Entlassung eingeleitet. Einem ersten Trend zufolge gingen bis Anfang der Woche bundesweit rund 450 Kündigungsklagen bei Arbeitsgerichten ein, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab.

Endgültigen Zahlen werden erst gegen Ende nächster Wochen erwartet, wie mehrere Gerichte bekanntgaben. Erfolg könnten nach Expertenmeinung die Fälle haben, in denen ein Fehler bei der Sozialauswahl nachgewiesen werden kann. Ende März war im Zuge der Schlecker-Pleite mehr als 10 000 Mitarbeitern gekündigt worden, nach dem eine Auffanggesellschaft für diese gescheitert war.

Gerichte rechnen mit vielen Klagen gegen Schlecker

Besonders hoch war die Zahl der eingereichten Klagen bisher in Berlin, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Die Gerichte rechnen jedoch mit weitaus mehr Klagen gegen die insolvente Drogeriekette, da die dreiwöchige Frist zur Einreichung in den meisten Fällen an diesem Freitag abläuft. Zudem sammeln in manchen Orten Gewerkschaften die Klagen ihrer Mitglieder, um sie gebündelt an die zuständigen Arbeitsgerichte zu übergeben.

Im Südwesten gingen bisher etwa 200 Klagen ein. Das Gericht in Stuttgart zählte 70 Klagen. Dem Gericht in Ulm liegen bisher 43 Verfahren vor, wie Sprecher Nikolaus Zimmermann sagte. Er rechnet mit weiteren Klagen. In Reutlingen reichten knapp 20 Entlassene Klagen ein. „Aber viele Betroffene erheben auch erst kurz vor Ablauf der Frist eine Klage“, sagte eine Sprecherin. Bis zu zehn Klagen erreichten das zuständige Gericht in Karlsruhe, ein größerer Schwung werde noch am Ende der Woche erwartet. In Mannheim waren es 20 und bei den zuständigen Kammern in Ravensburg bisher 15 Verfahren.

Die Gewerkschaft Verdi sammelte in der Bundeshauptstadt bisher 49 und in Brandenburg 16 Klagen. Hinzu kämen möglicherweise Klägerinnen, die selbst einen Anwalt eingeschaltet hätten, sagte Janet Dumann von Verdi-Berlin. Die geringe Zahl von Klagen könnte auch ein Indiz dafür sein, dass sich viele Gekündigte Hoffnung machen, schnell eine neue Stelle zu finden. In Dresden und Leipzig waren es zusammen 44 Klagen.

In Nordrhein-Westfalen klagten bei den Arbeitsgerichten Düsseldorf, Köln, Gelsenkirchen und Bonn 80 Entlassene. „Da kommt aber wahrscheinlich noch mehr“, hieß es aus Köln. Im Hamburg, Lübeck, Bremen und Hannover waren es 44 Fälle sowie in Nürnberg, Augsburg und München zusammen 43.

Klagen könnten potentielle Investoren abschrecken

Der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz befürchtet für die Schlecker-Rettung, dass Klagen potenzielle Investoren abschrecken könnten. „Kündigungsschutzklagen dürften eher chancenlos sein, sie schaden jedoch der Investorensuche, damit auch den verbleibenden Arbeitsplätzen“, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters.

Die Gewerkschaft Verdi hatte angekündigt, die entlassenen Mitarbeiter nicht zu rechtlichen Schritten ermuntern zu wollen. Nach Angaben der Bundesarbeitsagentur haben die entlassenen Beschäftigten gute Chancen, schnell wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Interesse an den Mitarbeitern zeigte zuletzt Schlecker-Konkurrent dm.