Frühlingshafte Temperaturen rufen die oftmals ungeliebten Insekten auf den Plan. Gibt es deshalb in diesem Jahr besonders viele von ihnen? Und wie hält man sie am effektivsten vom Teller fern? Ein Experte gibt Auskunft.
Seit ein paar Tagen sind die ersten Wespen in Süddeutschland unterwegs. Meistens klappt das Zusammenleben mit den Insekten zwar gut, trotzdem scheuen viele Menschen den Kontakt mit den Tieren. Der Biologe und Insektenexperte Michael Haas vom Naturkundemuseum Stuttgart erklärt, welche Regeln es im Umgang mit den Tieren zu beachten gibt. Und tatsächlich stechen die Tiere nicht nur, sondern stecken voller Überraschungen.
„Bei den Tieren, die die Leute nerven, handelt es sich fast immer um die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe. Daneben gibt es aber noch tausende weitere Wespen-Arten“, erklärt Haas. Die meisten können weder stechen, noch würden wir sie, anhand ihres Äußeren, spontan als Wespe identifizieren. Aber auch die typischen schwarz-gelb-gestreiften Wespen sind faszinierende Tiere: Sie durchlaufen einen einzigartigen Lebenszyklus und spielen eine wichtige Rolle für das Ökosystem.
Königinnen auf der Suche
Bei den Tieren, die wir derzeit schon beobachten können, handelt es sich Haas zufolge um junge Königinnen. Sie schwärmen im Frühjahr aus, um ein neues Wespenvolk zu gründen. Zunächst suchen sie dafür einen geeigneten Ort, an dem sie aus zerkautem Holz eine erste Brutkammer bauen. Hier legen sie ihre ersten Eier, aus denen bald die Larven schlüpfen. Wenn diese zu Wespen herangewachsen sind, beginnt sich das Volk rapide zu vermehren. Die Königin konzentriert sich fortan auf das Legen neuer Eier – ihre Ernährung und der Ausbau des Nests werden von den Arbeiterinnen erledigt.
Fast alle Wespen sterben im Winter
Im Spätsommer steigt der Konkurrenzdruck auf der Suche nach Nahrung, weshalb uns die Tiere in dieser Zeit vermehrt auffallen. Auch verschiebt sich der Fokus, weg vom Wachstum des Volkes, hin zum Fortbestand der Art über den Winter hinaus. Die Geschlechtstiere werden geboren. Dabei handelt es sich um junge Königinnen und fruchtbare männliche Tiere, die sogenannten Drohnen. Sie verlassen das Nest und paaren sich mit den Nachkommen anderer Völker.
Zum Herbst verschwinden dann fast alle Wespen von der Bildfläche: Die alte Königin ist erschöpft und stirbt zumeist als erstes. Auf sie folgen die Arbeiterinnen. Nach dem Paarungsakt sterben auch die erst kurz zuvor geborenen Drohnen. Als einzige Überlebende verbleiben die jungen Königinnen. Sie überwintern an einem geschützten Ort, zum Beispiel in morschem Holz, um in nächsten Frühjahr ihr eigenes Volk zu gründen.
Kommt ein Wespensommer auf uns zu?
Das andauernde milde und trockene Wetter im März sorgt dafür, dass sich die Königinnen bereits früh aus ihrem Winterschlaf gewagt haben. Für Michael Haas ist aber keineswegs klar, dass dieses Jahr ein Wespensommer auf uns wartet: „Natürliche Schwankungen sind immer schwer vorauszusagen. Der Winter war dieses Jahr relativ kalt. Das Frühjahr dagegen ist nun trocken und warm. Das bedeutet mehr Aktivitätszeit und mehr Nahrung. Eine eindeutige Vorhersage lässt sich also nicht geben.“
Viele Menschen fürchten die Stiche der Insekten. Tatsächlich sollte man die gelb-schwarz-gestreiften Tierchen aber nicht verteufeln – Michael Haas betont: „Die Rolle der Wespen im Ökosystem ist extrem unterschätzt. Ich bezeichne sie gerne als eine Art Naturpolizei. Sie regulieren den Bestand anderer Insekten und ernähren sich außerdem von herumliegenden Kadavern. Auch sie selbst sind die Nahrungsgrundlage für andere Tiere, etwa Vögel und Kleinsäuger.“
Hausmittel meist wirkungslos
Grund genug also, die geschützten Tieren nicht einfach umzubringen. Wie kann man sie dann aber effektiv vom eigenen Teller fernhalten? Laut Michael Haas sind die meisten Hausmittel, wie Kupfermünzen, Kaffeesatz und ätherische Öle weitgehend wirkungslos. Er empfiehlt: „Am wichtigsten ist, dass die Wespen den Geruch von Speisen nicht lange wahrnehmen können. Servieren sie darum wirklich erst, wenn sie auch Essen und räumen Sie die Teller danach zügig ab. Auch das Abdecken von Getränken mit Bierdeckeln, kann bereits dazu führen, dass Wespen sie gar nicht wahrnehmen.“ Und wenn die Wespen bereits da sind? „Dann sollte man einen kühlen Kopf bewahren und sie nicht bedrängen oder anpusten. So fängt man sich nur einen Stich ein.“