Julia Veser will mit Aufgefangen alte Regenschirme retten. Foto: Lichtgut/Oliver Willikonsky

Die Start-up Garage der Universität Hohenheim will den unternehmerischen Geist bei Studierenden fördern.

Stuttgart - Mehr als 8,5 Millionen Regenschirme gehen jährlich in Deutschland kaputt, sagt Julia Veser. Die 21-Jährige und ihre Partnerinnen wollen die Schirme mithilfe ihres Start-up Aufgefangen wiederverwerten. Aus dem Stoff sollen trendige Sportbeutel entstehen. Mit einem Teil des Gewinns wollen die sechs Studentinnen Gründer-Seminare für ehemalige Gefangene anbieten, um ihre Resozialisierung voranzutreiben.

Aufgefangen ist nur eine der Start-up-Ideen, die am Dienstag in der Thomas-Müntzer-Scheuer an der Universität Hohenheim präsentiert wurden. Bereits zum vierten Mal fand dort das Finale der Start-up Garage statt – ein Projekt des Lehrstuhls für Entrepreneurship der Universität Hohenheim, das Gründungsideen in die Umsetzung begleitet. Über drei Monate werden Studierende bei der Entwicklung eines Start-ups begleitet, von der Erkennung des Problems, für das sie eine Lösung finden möchten, bis hin zum Geschäftsmodell. Am letzten Abend stellen sie das Ergebnis dem Publikum und einer Jury vor – in einer knappen Präsentation von maximal drei Minuten.

Fehler sind erwünscht

„Es gibt keinen Mangel an Ideen“, sagt Andreas Kuckertz, Inhaber des Fachgebiets Entrepreneurship an der Universität Hohenheim und Initiator der Start-up Garage. „Es gibt einen Mangel an Menschen, die sich trauen, ihre Ideen umzusetzen“. Das will das Projekt korrigieren. Die Teilnahme ist für Studierende aller Fächer offen, Noten oder ECTS-Punkte gibt es nicht – und zwar bewusst.

„Wir motivieren die Teilnehmenden dazu, Fehler zu machen“, sagt der Doktorand Leif Brändle, Betreuer der Start-up Garage. „Im Studium sind Fehler normalerweise nicht erwünscht, weil sie zu schlechten Noten führen. Wir glauben aber, dass es nichts gibt, aus dem man mehr lernen kann, als aus Fehlern’“.

Sprachübergreifend Vokabel lernen

Laut Kuckertz, sind etwa ein Viertel aller Ideen, die bisher in der Garage entwickelt wurden, tatsächlich auf den Markt gegangen. Ein Paradebeispiel ist Alina Schick, eine der Juroren des Abends. 2015 brachte die damals noch promovierende Biologin in die Start-up Garage die Idee, Bäume horizontal wachsen zu lassen. Das Projekt habe ihr nicht nur dabei geholfen, das Konzept und seine Präsentation weiter zu entwickeln, sagt Schick, sondern auch ihre Teilnahme an anderen Wettbewerben angestoßen und indirekt dabei geholfen, Partner zu finden. Seit Mai 2017 sind Schicks waagerechte Bäume an der Fassade der Halle der Evangelischen Landeskirche in Wittenberg zu sehen. Mit dem Start-up Visioverdis hat sie das System Graviplant entwickelt, das die Bäume dauernd auf ihrer Achse rotiert. Durch die Drehung verlieren die Pflanzen ihre Orientierung – und wachsen zur Seite. Die Jury der Garage bewertet nach drei Kriterien: Das Geschäftsmodell, der mögliche Markt und Umsetzbarkeit.

Gewinner ist am diesem Abend Christoph Keszléri, der das Sprachlernen revolutionieren will. Seine kostenlose App Lingonode soll es ermöglichen, Vokabeln sprachübergreifend zu lernen, in dem sie das gleiche Wort auf mehreren Sprachen anzeigt. Ob man so tatsächlich besser lernt, bleibt offen. Für das Publikum, das ebenfalls einen Gewinner wählen darf, ist hingegen Aufgefangen ein klarer Favorit.

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