Bis zu vier Rollstühle passen auf das übergroße SUP-Board der Zugvögel. Diese werden von einer Firma aus Lüneburg produziert und sind „weltweit einzigartig“. Foto: Martin Tschepe

Eine Premiere hat es auf der Enz in Bietigheim gegeben: Die Zugvögel verleihen jetzt auch ein spezielles Mega-SUP. Auf ihm können mehrere Personen – auch mit Handicap – paddeln.

Kathrin Tschöpe ist begeistert. „Das fühlt sich total sicher an“, sagt die 48-jährige Lehrerin und strahlt. Sie sitzt am Donnerstagmittag in Bietigheim am Ufer der Enz im Rollstuhl auf dem Mega-SUP. Soeben hat die Pädagogin zusammen mit acht anderen Männern und Frauen das brandneue Stand-up-Paddling-Board der Zugvögel getestet. Tschöpe, die im Nebenjob gelegentlich selbst Kleingruppen beim Paddeln begleitet, mimt an diesem sonnigen Frühlingstag eine Rollstuhlfahrerin und zieht ein Fazit zum Board: „Macht irre Spaß, ein super Gefühl.“ Kein Paddler ist in die Enz gefallen. Die Premierenfahrt ist gelungen. Die Vermietung kann also beginnen.

Ein solches Spezial-Board kostet rund 4000 Euro

Kentern, erklärt Adrian Wachendorf, sei mit diesem SUP ohnehin quasi unmöglich. Der 41-jährige Maschinenbau-Ingenieur muss es wissen. Er hat nach einer zweijährigen Weltreise seine Firma Nature-Guides in Lüneburg gegründet, dann länger und mit dem Deutschen Rollstuhl-Sportverband (DRS) zusammen an einem Mega-SUP-Prototyp getüftelt. Kurz bevor die Coronapandemie begonnen hat, sei er eigens nach China gereist, um die Produktion des gut fünf Meer langen und etwa zwei Meter breiten, aufblasbaren Boards abzusprechen und anzuleiern. Bis dato seien rund 25 dieser Rolli-SUPs hergestellt worden. Sein Unternehmen in Norddeutschland habe rund ein Dutzend dieser Boards im Einsatz und organisiere mit diesen Inklusionstouren. Zudem verkauft Wachendorf die Spezial-Boards, die rund 4000 Euro kosten. Er und seine Frau Michaela haben zudem die Non-Profit-Organisation SUP Unity gegründet, deren Ziel es ist, „Menschen mit Behinderung am Trendsport SUP teilhaben zu lassen“.

Das Brett kann bis zu 900 Kilogramm tragen

Anna Bröll, die Chefin der Zugvögel, hat Wachendorf an die Enz geholt, damit er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun in den Gebrauch des Mega-Boards einweisen kann. Sie erzählt, dass die Zugvögel immer wieder Anfragen von Menschen bekämen, die im Rollstuhl sitzen. Gelegentlich würden Kanus angeboten, „aber da SUPs zu verleihen, das habe ich mich bislang nicht getraut“.

Also habe sie im Internet recherchiert – und schnell die Nature-Guides in Lüneburg und deren Mega-SUP gefunden. Wachendorf sagt, die Boards seien „weltweit einzigartig“. Sie hätten ein spezielles System zur Befestigung von Rollstühlen und seien wesentlich steifer als gewöhnliche, übergroße Boards, die indes „nur“ rund 1500 Euro kosteten. Die Bretter, sagt der Mann, der eine Ausbildung zum Wildnisführer gemacht hat, könnten gut 900 Kilogramm tragen. Selbst wenn mehrere Paddler es darauf anlegen sollten, so ein Board zum Kentern zu bringen, sie müssten sich sehr anstrengen.

Mit den Zugvögeln auf Neckar, Rems und Enz unterwegs

Stationen
Die Zugvögel gibt es bereits seit 40 Jahre. Gestartet wurde mit dem Verleih von Kanus sowie geführten Paddeltouren auf der Enz. Inzwischen gibt es sieben feste Verleihstationen an Enz, Neckar und Rems mit über 20 Ein- und Ausstiegsstellen, die für die Touren genutzt werden. Die Zugvögel verfügen über mehr als 150 Kanus sowie je 50 Kajaks und Stand-up-Paddling-Boards. Das Büro befindet sich seit Frühjahr 2020 in Bietigheim beim Viadukt.

Mega-SUP
Das Mega-SUP liegt meistens in Bietigheim, es wird aber auf Wusch auch andernorts vermietet. Zwei Stunden Mega-SUP kosten pro Person 18 Euro, wobei immer mindestens vier Personen buchen sollten. Geführte, zweistündige Touren mit einem Guide der Zugvögel und mit maximal zehn Personen kosten 250 Euro. Auf das Board passen bis zu vier Rollstühle.