Bummeln in der City oder Shopping auf der Couch? „Die Kunden stimmen mit den Füßen ab“, sagt Ulrike Hauser vom Ludwigsburger Innenstadtverein Luis. Foto: factum/Archiv

Der Ludwigsburger Innenstadtverein Luis kämpft für Kernöffnungszeiten – damit die City attraktiv bleibt und sich der stationäre Handel gegenüber der Konkurrenz im Internet behaupten kann. Für die Initiative gibt es viel Lob – aber die Hürden sind hoch.

Ludwigsburg - Das Internet kennt keine Öffnungszeiten. Das Internet ist immer geöffnet. Diese Sätze hört man häufig, wenn man mit Einzelhändlern spricht. Wer heute um 23 Uhr shoppen möchte, kann dies tun. Auf der Couch bei Amazon oder Zalando Schuhe kaufen, einen Laptop, sogar Lebensmittel können längst online bestellt werden, und die Lieferzeiten werden immer kürzer. Das Netz mit seinen unbegrenzten Möglichkeiten ist die größte Herausforderung, der sich der stationäre Einzelhandel gegenüber sieht. „Viele haben noch gar nicht begriffen, was da auf uns zukommt, und welche Gefahren damit verbunden sind“, sagt die Besitzerin eines Schmuckgeschäfts in Ludwigsburg. „Manche meiner Kollegen hoffen wohl nur noch, dass sie sich irgendwie in den Ruhestand retten können.“

Das ist ein heftiger Vorwurf, und er hat eine konkrete Zielrichtung. Läuft man durch die Ludwigsburger Innenstadt, über den Marktplatz, durch die Seestraße oder die Eberhardstraße, fällt schnell auf, dass die Geschäfte völlig unterschiedliche Öffnungszeiten haben. Da gibt es den Optiker, der werktags bis 19 Uhr offen ist, die Boutique, die um 18.30 Uhr schließt, das Elektronikgeschäft, das bis 20 Uhr für Kunden da ist, den Modeladen, der um 18 Uhr in Feierabend geht. Einige kleinere Läden weisen für jeden Wochentag andere Zeiten aus, manche Einzelhändler in der City machen Mittagspause, andere nicht. Auch was den Tagesbeginn angeht, herrscht Wildwuchs, und an Samstagen sowieso.

Verlässliche Öffnungszeiten von 10 bis 19 Uhr – das ist die Vision

Zu kompliziert? Auch dem Ludwigsburger Innenstadtverein Luis ist es zu kompliziert, weshalb er das ändern will. „Wir wünschen uns verlässliche Kernöffnungszeiten“, sagt Ulrike Hauser, die bei Luis für verschiedene Projekte zuständig ist und nun mithelfen soll, den Wildwuchs einzudämmen. Wohl wissend, wie schwierig das wird. Dabei hat der Verein eine klare Vision. „Werktags zwischen 10 und 19 Uhr und samstags bis 16 Uhr sollte kein Kunde vor verschlossenen Türen stehen“, sagt Hauser. Aber dafür sei Überzeugungsarbeit vonnöten. Luis setzt darauf, dass die Händler erkennen, dass sie reagieren müssen. „Letztlich stimmen die Kunden mit den Füßen ab und können selbst entscheiden, ob sie im Netz kaufen oder in der Stadt.“

Eine Handhabe hat der Verein nicht, denn natürlich darf jeder Laden seine Öffnungszeiten selbst festlegen, sofern er sich nicht in einem Einkaufszentrum befindet. Im Marstall etwa ist vorgeschrieben, dass Geschäfte bis 20 Uhr offen sind. Anne Marschner, die Center-Managerin, würde es begrüßen, wenn es auch im Umfeld mehr Verlässlichkeit geben würde. „Es wäre gewinnbringend für alle“, sagt sie. Ähnlich äußert sich der städtische Wirtschaftsförderer Frank Steinert. „Nach 18.30 Uhr bröckelt es“, sagt er. „10 bis 19 Uhr, egal wo, das wäre schon erstrebenswert.“

Kleine inhabergeführte Geschäfte stehen vor einer großen Herausforderung

Erstrebenswert ist jedoch auch Vielfalt im Warenangebot. Während Fußgängerzonen in Großstädten längst von großen Ketten dominiert werden, existieren in Ludwigsburg noch vergleichsweise viele inhabergeführte Geschäfte. „Das wollen wir auf jeden Fall erhalten“, sagt Ulrike Hauser.

Aber gerade für kleine Läden ist es schwer, die Türen durchgehend neun Stunden offen zu halten. „Das ist ein langer Arbeitstag“, sagt Heidi Höfer, der in der Seestraße ein Geschäft für Mode und Events gehört. Höfer hält den Luis-Vorstoß trotzdem für richtig, sie selbst hat bis 19 Uhr offen, ohne Pause. „Wer einen Stadtbummel macht, muss sich darauf verlassen können, dass die Geschäfte offen sind“, sagt sie. Das Problem sei indes nicht auf Ludwigsburg beschränkt. Selbst in einer Großstadt wie Stuttgart sei es bislang nicht gelungen, Kernöffnungszeiten zu definieren.

Dabei sieht Höfer gute Chancen, dass sich der stationäre Handel behaupten kann – wenn sich die Händler auf die Herausforderung einlassen. „Meine Kunden legen Wert auf Qualität und Beratung – das kann das Internet nicht leisten“, sagt sie.