Hans-Dieter Mechler hilft Azubis, ihre Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Foto: Jacqueline Fritsch/Jacqueline Fritsch

Hans-Dieter Mechler ist das Gesicht der Initiative Vera in der Region Stuttgart, die verhindern will, dass Jugendliche die Ausbildung abbrechen.

Stuttgart - Wenn es um das Thema Auszubildende geht, ist Hans-Dieter Mechler in seinem Element. Die Worte sprudeln aus ihm heraus. Er hat viel Interessantes über Azubis zu erzählen. Denn wenn der 76-Jährige aktiv wird, geht es um Probleme, konkret darum, junge Menschen davon zu überzeugen, dass sie ihre Ausbildung nicht abbrechen. Mechler ist der Regionalkoordinator der Initiative Vera (Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen) in der Region Stuttgart. Er wird nur dann aktiv, wenn sich die jungen Menschen an ihn wenden. 260 Betreuer unterstützen ihn dabei.

1200 jungen Menschen in der Region hat Vera geholfen

Seit 2010 hat er dieses Ehrenamt inne; die Handwerkskammer Stuttgart hatte ihn damals darauf angesprochen. Für sein Engagement wurde er 2016 von einer Versicherungsgruppe und unserer Zeitung als Stuttgarter des Jahres ausgezeichnet. Seine Bilanz kann sich sehen lassen. Insgesamt 1200 junge Menschen in der Region haben in den vergangenen Jahren die Hilfe von Vera in Anspruch genommen – 75 Prozent haben anschließend ihre Ausbildung erfolgreich absolviert. Sorgen bereitet Mechler die aktuelle Ruhe. „Wir wissen nicht, warum sich diejenigen, die abbrechen wollen, nicht mehr bei uns melden“, sagt er. Er vermutet, wegen Corona habe sich „jeder zurückgezogen“. Die Azubis seien verunsichert. Gab es im Januar und Februar noch 50 Begleitungen, schrumpfte die Zahl zwischen März und Juli auf 26 zusammen.

Der junge Afghane ist einer davon. Trotz guter Noten und einem monatlichen Verdienst von 650 Euro will er seine Ausbildung abbrechen, um zu jobben. Der Grund: Der Azubi muss seiner Familie in Afghanistan 500 Euro monatlich überweisen, das restliche Geld reicht gerade für seine Miete. „Die leben dort mit 500 Euro in Saus und Braus, und der junge Mann hat nichts mehr“, ärgert sich Mechler. Er will den Afghanen dazu bringen, dass er nicht hinschmeißt.

Derzeit wenden sich vor allem Azubis mit Migrationshintergrund an Vera

Oder da ist der junge Mann mit türkischen Wurzeln, der gut in der Berufsschule ist, aber trotzdem nicht mehr hingeht. Es habe lange gedauert, bis er sich geöffnet habe, erzählt Mechler. Das Problem: Er wollte die Schule verweigern, weil eine Lehrerin ihn künftig unterrichten sollte – und von einer Frau wollte er sich nichts sagen lassen. Diesem jungen Mann mussten die kulturellen Unterschiede klargemacht werden – er hat es verstanden.

Anders als noch vor einigen Jahren sind es derzeit vor allem Azubis mit Migrationshintergrund oder Flüchtlinge, die sich an Vera wenden. 75 Prozent hätten ausländische Wurzeln, zu Beginn seines Engagements hatte der Anteil noch bei 25 Prozent gelegen, so Mechler. Die Probleme an sich hätten sich im Laufe der Jahre aber nicht verändert. Meist gehe es um die Etikette, sagt der frühere Filialdirektor einer Versicherungsgruppe. Damit meint er etwa: pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen und beim Betreten des Raumes grüßen. Viele Eltern kümmern sich nicht, weiß Mechler.

Von der Begleitung erfährt kein Dritter

Es geht auch darum, den jungen Menschen die Prüfungsangst zu nehmen. Die Vera-Begleiter stellen auch sicher, dass die Jugendlichen die ihnen zustehende finanzielle Unterstützung erhalten. Fortbildungskurse müssen zudem organisiert werden – etwa um die Deutschkenntnisse junger Flüchtlinge zu verbessern. „Die jungen Leute melden sich zu einem Kurs an und gehen dann nicht hin“, weiß Mechler aus Erfahrung. Deshalb haken die Vera-Betreuer am Tag danach nach. Übrigens: Von der Begleitung erfährt kein Dritter. Begleiter und Azubi begegnen sich stets in der Freizeit und dann auf neutralem Boden: Die Handwerkskammer und die Stadtbibliothek sind dabei beliebte Treffpunkte.