Viele junge Menschen tun sich schwer, eine passende Ausbildung zu finden. Dabei ist das Angebot an Stellen groß. Paten der Job-Brücke in Marbach (Kreis Ludwigsburg) wollen Jugendlichen helfen.
Heike Hatzfeld-Graf ist sich sicher: „Irgendetwas muss sich in den letzten Jahren verändert haben.“ Die Marbacherin steht in engem Kontakt mit Betrieben aus der Region – und hört dort immer häufiger: Es wird zunehmend schwieriger, passende Auszubildende zu finden.
Auf Ausbildungsmessen berichten Personaler von den Erwartungen vieler Jugendlicher. „Da prallen zwei Welten aufeinander“, so Hatzfeld-Graf. „Die einen legen Wert auf Zuverlässigkeit – die anderen wissen mit dem Begriff Pünktlichkeit kaum etwas anzufangen.“ Viele Schulabgänger seien zudem orientierungslos und wüssten nicht, wie es nach dem Abschluss überhaupt weitergehen soll.
Viele offene Ausbildungsstellen in Ludwigsburg
Dabei stehen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt gut. Im März meldete die Bundesagentur für Arbeit 2440 offene Ausbildungsstellen im Landkreis Ludwigsburg – dem standen lediglich 1590 gemeldete Bewerberinnen und Bewerber gegenüber. Rund 1560 Stellen blieben unbesetzt. Trotz schwächelnder Konjunktur in der Industrie und entsprechend gedämpftem Fachkräftebedarf bilden viele Unternehmen weiter aus – vor allem die Bereiche Verkehr, Logistik, Transport und Gastgewerbe suchen dringend Nachwuchs, teilt eine Sprecherin der IHK-Bezirkskammer Ludwigsburg mit.
Gleichzeitig finden aber viele der Bewerber und Bewerberinnen keinen Ausbildungsplatz: Laut Arbeitsagentur gingen in diesem Frühjahr rund 1000 Menschen in Ludwigsburg leer aus. Sie haben keinen Ausbildungsplatz erhalten und sind weiter auf der Suche.
Job-Brücke Marbach unterstützt Jugendliche
Heike Hatzfeld-Graf weiß, dass viele Jugendliche Schwierigkeiten haben, eine passende Stelle zu finden. Sie gründete deshalb vor etwa einem Jahr die Initiative Job-Brücke Marbach. Aktuell betreut sie vier Schülerinnen und Schüler. Sie sind alle in der 8. Klasse und machen nächstes Jahr im Juli ihren Hauptschulabschluss. Bis dahin, und bei Bedarf auch darüber hinaus, werden sie jeweils von einem Paten oder einer Patin begleitet.
„Jede Betreuung verläuft ganz individuell“, sagt Hatzfeld-Graf. Die Patinnen und Paten treffen sich regelmäßig mit den Jugendlichen – in der Schule, der Stadtbücherei oder im Treff Q in Marbach. Gemeinsam verfassen sie Bewerbungen, trainieren Bewerbungsgespräche und arbeiten heraus, wo individuelle Stärken und Entwicklungspotenziale liegen.
„Wir bereiten sie auf das Arbeitsleben vor, sind aber keine Nachhilfelehrer“
„Gerade zu Beginn ist es entscheidend, Vertrauen aufzubauen“, betont Hatzfeld-Graf. Zwei der betreuten Jugendlichen haben noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache – auch dabei bietet das Team Unterstützung an. „Wir bereiten sie auf den späteren Einstieg ins Berufsleben vor“, sagt sie. „Aber wir sind keine Nachhilfelehrer.“
Nach vielen Jahren in der Verwaltung und im Gesundheitswesen ist Hatzfeld-Graf inzwischen im Ruhestand. Mit der Job-Brücke Marbach hat sie nun eine passende Herausforderung gefunden, um sich zu engagieren. „Was jetzt noch fehlt, sind weitere junge Menschen, die das Angebot auch wahrnehmen“, sagt sie. Der Bedarf an Unterstützung sei jedenfalls vorhanden – davon ist sie überzeugt.
Sowohl interessierte Jugendliche als auch Personen, die sich ein Engagement als Patin oder Pate vorstellen, sind eingeladen, sich unter Telefon 0 71 44 / 88 40 72 oder per E-Mail an job-bruecke@q-marbach.de zu melden.
Neue Studie über die Arbeitsmoral junger Menschen
Ist die Gen Z wirklich faul?
Rund drei Viertel der 20- bis 24-Jährigen in Baden-Württemberg gehen einer Erwerbstätigkeit nach. Vor rund 30 Jahren waren es noch 67,9 Prozent. Damit sei das Klischee von den faulen Jugendlichen widerlegt, so das Urteil des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Immer mehr Teilzeit
In den vergangenen 20 Jahren sei die Zahl junger Menschen in Teilzeit stark angestiegen. Der Anstieg sei auf die wachsende Zahl von Studierenden mit Nebenjobs zurückzuführen, so die Forscherinnen und Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.