Recep Tayyip Erdogan will den inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel nicht ausliefern. Foto: dpa

Die Bundesregierung fordert die Freilassung des in der Türkei inhaftierten „Welt“-Korrespondenten Yücel. Präsident Erdogan zeigt aber keine Kompromissbereitschaft.

Istanbul - Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat eine Auslieferung des inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel an die Bundesrepublik ausgeschlossen. Deutschland verweigere die Auslieferung türkischer Staatsbürger, sagte Erdogan am Donnerstagabend dem Sender TGRT in Istanbul. Daher würden Deutsche wie Yücel auch nicht überstellt.

„Wenn einer von denen uns in die Hände fällt, werden sie dieselbe Behandlung erfahren.“ Zu einer möglichen Auslieferung solcher Fälle sagte er: „Auf keinen Fall, solange ich in diesem Amt bin niemals.“

Erdogan bezog sich auf Vorwürfe, wonach Deutschland keine türkischen Terrorverdächtigen ausliefert. Zu Anschuldigungen, Yücel habe Verbindungen zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK gehabt, sagte Erdogan: „Natürlich, auf jeden Fall. Uns liegt Bildmaterial und das alles vor. Das war ein richtiger Agent (und) Terrorist.“

Die Bundesregierung fordert die Freilassung des „Welt“-Korrespondenten Yücel, der in der Türkei seit Ende Februar wegen angeblicher Terrorpropaganda und Volksverhetzung in Untersuchungshaft sitzt. Das Auswärtige Amt äußerte sich am Freitag zunächst nicht.

Die deutsch-türkischen Beziehungen sind seit Monaten extrem angespannt. Zuletzt wurden sie durch die Inhaftierung Yücels und den Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Regierungspolitiker vor dem Verfassungsreferendum über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei belastet.

Im Wahlkampf vor dem Referendum an diesem Sonntag hatte Erdogan besonders Deutschland und den Niederlanden die Anwendung von „Nazi-Methoden“ vorgeworfen. Am Donnerstag hatte er Europa erneut eine „faschistische, rassistische, fremdenfeindliche und islamfeindliche“ Gesinnung attestiert.

Viele Deutsche dürfen nicht einreisen

Unterdessen wurde bekannt, dass seit Jahresbeginn rund 100 Deutschen an Flughäfen in der Türkei die Einreise verweigert wurde. Oftmals sei dies „unter Verweis auf eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ geschehen, heißt es in einer Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine Anfrage der Linksfraktion, die der dpa vorliegt. Für Türkei-Aufenthalte bis zu 90 Tagen benötigen Deutsche kein Visum. Bei wie vielen Betroffenen es sich um Doppelstaatler handelt, die auch einen türkischen Pass haben, geht aus dem Schreiben nicht hervor.

Zur Frage konkreter Maßnahmen bei verweigerten Einreisen erklärte Staatsminister Michael Roth: „Die Bundesregierung hat sich gegenüber der türkischen Regierung dafür eingesetzt, größtmögliche Transparenz für die Betroffenen herzustellen und die Möglichkeit einer Überprüfung entsprechender Entscheidungen zu gewährleisten.“

In einer Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine ähnliche Anfrage des Grünen-Abgeordneten Özcan Mutlu, die der dpa vorliegt, heißt es, in vielen Fällen seien Betroffenen die Mobiltelefone vorübergehend abgenommen worden. Ausländer, denen die Einreise verweigert wird, werden beispielsweise am Istanbuler Atatürk-Flughafen in der Regel in eine Abschiebezelle gebracht, bis sie den Rückflug antreten können.

Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen reagierte mit scharfen Worten auf die Zurückweisungen. „Mit faktischen Einreiseverboten gegenüber immer mehr Deutschen weitet der türkische Staatspräsident Erdogan die Kampfzone für seine Diktatur weiter aus“, sagte sie. Der Grünen-Abgeordnete Mutlu kritisierte die „Tatenlosigkeit der Bundesregierung“ am Freitag als unverständlich und inakzeptabel. „Die Bundesregierung muss handeln und der Willkür durch türkische Behörden etwas entgegensetzen.“