Blütenstaub an Brust und Bein – wenn es nach den Ludwigsburgern Imkern geht, sollen Honigbienen in den neuen Naturparadiesen am Neckarufer reichlich Nahrung finden. Foto: dpa

Im Ökoparadies Zugwiesen in Ludwigsburg entsteht wohl bundesweit einzigartiges Infozentrum für Imker.

Ludwigsburg - Langsam aber sicher mausert sich die Stadt Ludwigsburg zu einer Vorzeigekommune für Naturschutzprojekte: Nach der Umgestaltung des Neckarufers bei Hoheneck und dem neuen Flussarm im Ökoparadies Zugwiesen entsteht am Hungerberg ein wohl bundesweit einzigartiges Infozentrum für Imker.

Mit der Schaufel in der Hand mischen Studentinnen der Stuttgarter Hochschule für Technik am Hungerberg fein gemahlenen Lehm mit grobem Schotter. Mit dem Erdaushub vom nur wenige Hundert Meter entfernten Ökoprojekt Zugwiesen entstehen die mehr als drei Meter hohen Wände für das neue Infozentrum der Bienenzüchter.

„Die Leute sind so fleißig wie die Bienen“

Schicht um Schicht wird das Lehmgemisch unter Anleitung von Professor Andreas Löffler und Architekt Albert Stöcker mit Luftdruck-Stampfern verdichtet, etwa 150 Kubikmeter Material passen in die 60 Zentimeter breiten Schalungen. Die Imker heben in dem aufgefüllten Steinbruch der Firma Hubele derweil einen Graben für die Abwasserleitungen aus. „Die Leute sind so fleißig wie ihre Bienen“, lobt Susanne Schreiber vom Agendabüro der Stadt den Einsatz des 170 Mitglieder starken Vereins.

Seit Anfang April hat der harte Kern der Bienenzüchter bereits mehr als 700 Stunden Eigenleistung in den Bau des Infozentrums gesteckt. Die Bodenplatte ist gegossen, in den nächsten zwei Wochen sollen die Lehmwände hochgezogen werden. Die Eröffnung des Kooperationsprojekts ist für den Frühsommer nächsten Jahres geplant. Neben einem Technikraum mit der Honigschleuder sind eine kleine Küche und ein Schulungsbereich mit 90 Quadratmetern vorgesehen.

Gedacht ist bei den Besuchern nicht nur an die Nachwuchsarbeit der Imker, auch Schulklassen aus der Region sollen in der Casa Mellifera (der Name ist vom lateinischen Namen der Honigbiene abgeleitet) eine Anlaufstelle finden. Neben dem geplanten Lehrbienenstand könnte Gewässerökologie ein Thema werden – das naturnah gestaltete Neckarufer ist nur einen Steinwurf entfernt.

Von zehn Teilnehmern bleiben ein oder zwei Personen übrig

„Bald haben wir auch eine Bühne, um die Bienenzucht zu präsentieren“, freut sich Richard Seiz über den Baubeginn. Der altgediente Imker weiß, dass von zehn Teilnehmern bei den Schulungen des Vereins in der Regel nur ein oder zwei Personen übrig bleiben – wenn wie in diesem Winter wegen Kälte und Krankheiten landesweit nicht mal zwei Drittel der Bienenvölker überleben, wirft manch hoffnungsvoller Nachwuchszüchter frustriert das Handtuch.

Mit seinem Vorstandskollegen Günther Steeb denkt der Asperger Seiz deshalb seit Jahren über den Bau eines Lehrbienenstands nach, an dem sich die Jungimker die nötigen Tricks und Kniffe für ihr neues Hobby aneignen können. Bei der Stadt Ludwigsburg rannten die Bienenzüchter mit der Idee des kleinen Schulungszentrums offene Türen ein. Das Rathaus vermittelte den Kontakt zu den Bauexperten der Hochschule für Technik, warb bei der Region Stuttgart, der Umweltakademie des Landes und der Bürgerstiftung sechsstellige Förder-mittel ein und schaffte sogar die Aufnahme des Projekts in ein EU-Programm.

Schließlich soll das Infozentrum künftig auch als Ausgangspunkt für Exkursionen zum Grünzug Neckar dienen – und die neuen Naturschutzprojekte der Ludwigsburger nicht nur für die eigenen Bürger attraktiv machen. Laut Susanne Schreiner gibt es landesweit „mit Sicherheit kein vergleichbares Angebot“, auch aus anderen Bundesländern ist der Agenda-Beauftragten keine Schulungsstätte für Bienenzüchter mit einer solchen Einbindung in die Umweltbildung bekannt.

Mit 270.000 Euro halten Kosten sich in vertretbaren Grenzen

Die Stadt bietet interessierten Häuslesbauern inzwischen sogar bei einem „Lehmbau-Workshop“ am Hungerberg eine Mitarbeit an dem Projekt an. Besonders soll schließlich auch die Energieversorgung des Infozentrums sein. Für Wärme im Winter sorgt eine in Zusammenarbeit mit der Ludwigsburger Energieagentur konzipierte Eisspeicherheizung, Regenwassernutzung und Dachbegrünung gehören bei der Casa Mellifera ohnehin zum Pflichtprogramm.

Weil sich dank Sponsoren, der Mitarbeit der Hochschule und der Eigenleistung der Imker auch die Baukosten mit 270.000 Euro in vertretbaren Grenzen halten, fiel die Entscheidung des Gemeinderats in einer für Ludwigsburg seltenen Einmütigkeit. Neben den Bienenzüchtern sollen auch Naturschutzorganisationen die Räume für Veranstaltungen nutzen. Bleibt als einziges Manko, dass es bei der Vernetzung des Infozentrums durchaus noch ungeknüpfte Kontakte gibt. Die Landesanstalt für Bienenzucht in Stuttgart zumindest weiß bisher noch nichts über die Ludwigsburger Pläne.