Weniger Menschen erkranken an Grippe oder dem Norovirus. Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Viele Krankheitserreger außer dem Coronavirus sind in Zeiten der Pandemie in Baden-Württemberg seltener aufgetreten – bis auf eine Ausnahme.

Stuttgart - Anderen bloß nicht zu nahe kommen, Maske aufsetzen und stets an das Händewaschen denken: Die Maßnahmen gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 haben mit großer Wahrscheinlichkeit dazu geführt, dass andere Infektionen im vergangenen Jahr praktisch kaum aufgetaucht sind. Das teilt das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg (LGA) auf Anfrage mit.

Kaum Durchfallerkrankungen und Windpocken

Besonders stark rückläufig waren Atemwegs- und Magen-Darm-Erkrankungen. Das Norovirus beispielsweise – gefürchtet vor allem in Kindergärten und Altenheimen – schlug im vergangenen Jahr gerade mal 437 Personen im Südwesten auf den Magen. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 wurden dem Landesgesundheitsamt 3360 Erkrankungen mit diesem Erreger gemeldet, der für den Großteil der nicht bakteriell bedingten Magen-Darm-Infektionen verantwortlich ist. Einen ähnlich starken Rückgang gab es bei den Keuchhustenfällen (80 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Krankheiten wie Windpocken traten laut Auswertung weniger als halb so oft auf wie erwartet: Waren es im Jahr 2019 noch 2790 Fälle, trat die Kinderkrankheit im selben Zeitraum 2020 nur noch 841 Mal auf.

Reisebeschränkungen machen sich bemerkbar

Dass die reisefreudigen Deutschen wegen der Pandemie weniger in die Ferne schweifen konnten, macht sich in der Statistik ebenfalls bemerkbar: Zumindest in Baden-Württemberg ist bei den Reisekrankheiten wie dem Denguefieber ein Rückgang zu verzeichnen. Von Februar bis Mitte November 2020 wurden 23 Fälle an das Landesgesundheitsamt übermittelt. Im Vergleichzeitraum 2019 waren es 192 Fälle.

Ausflüge ins Grüne sind nicht immer gesund

Wer dafür in Zeiten der Pandemie seine Freizeit im Schrebergarten, auf der Schwäbischen Alb oder im Schwarzwald verbracht hat, blieb nicht immer gesund: Denn die Fälle von Hirnhautentzündung (FSME), die von Zecken übertragen wird, sind im Jahr 2020 deutlich angestiegen: Aus Baden-Württemberg wurden im Zeitraum Februar bis November 351 Fälle gemeldet – mehr als doppelt so viel wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres 2019 mit 168 Fällen. Das ist die höchste Anzahl der registrierten Infektionen seit 2001. Ursache dafür sei aber nicht nur der Drang vieler Menschen, in Lockdown-Zeiten ins Grüne zu gehen, heißt es seitens des LGAs: Hinzu kam ein außergewöhnlich warmer und niederschlagsarmer Sommer. Und: Die Zecken, die das FSME-Virus übertragen, waren nach Auskunft des Konsiliarlabors für FSME ungewöhnlich zahlreich.

Grippewelle fällt wohl in dieser Saison flach aus

Bleibt nur abzuwarten, wie sich die Grippewelle in dieser Saison entwickeln wird. Mit einer Flut von Fällen rechnen Experten allerdings nicht. So hat der Hausärzteverband Baden-Württemberg auf Anfrage gemeldet, dass sich insgesamt viel mehr Menschen gegen das Grippevirus haben impfen lassen. Auch sind seit Beginn der Influenzasaison (Kalenderwoche 40/2020) lediglich 44 bestätigte Fälle gemeldet worden (Stand: 28. Januar) – im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es bereits 2601 Fälle. Allerdings weist das LGA darauf hin, dass die Grippewelle erst jetzt ihren Höhepunkt erreiche – und die Zahlen noch eingeschränkt zu bewerten seien. Doch das Robert-Koch-Institut in Berlin geht von „einer Zirkulation von Influenzaviren auf einem extrem niedrigen Niveau in der Saison 2020/21“ aus.